Grundschul-Toiletten sorgen in Bayern seit
Tagen für Gesprächsstoff. Nachdem zum 1. Januar das Geschlecht
„divers“ als drittes Geschlecht gesetzlich anerkannt worden ist,
kündigten mehrere Grundschulen im Freistaat an, dass sie neue
Toiletten anbieten wollen: für Kinder, die nicht männlich oder
weiblich sind, sondern divers. Wenn Fachleute nun darüber
diskutieren, ob Grundschüler überhaupt schon ein Verständnis für die
verschiedenen Geschlechter haben, übersehen sie die eigentlich
relevante Frage: Bieten solche Toiletten eine Lösung für ein
drängendes Problem? Oder wird nur darüber diskutiert, weil das Thema
„Drittes Geschlecht“ durch eine starke Lobbyarbeit gerade so präsent
ist? Wenn Interessensgruppen Lobbyarbeit betreiben, dann versuchen
sie, Einfluss auf Entscheidungen zu nehmen. Oft geht es um politische
Entscheidungen, die mit Kampagnen – ob klassisch mit Plakaten und in
Medien oder digital in Sozialen Netzwerken – in die gewünschte
Richtung beeinflusst werden sollen. Je nach Größe der Gruppe haben
Lobbyisten viel Macht und lenken die Politik schon mal in eine
Richtung, die mit gesundem Menschenverstand nicht oder nur bedingt
nachzuvollziehen ist. Im Fall der Toiletten sprechen die Zahlen eine
eindeutige Sprache. Im Jahr 2017 wurden deutschlandweit 17 Kinder
geboren, in deren Geburtsurkunde kein Geschlecht eingetragen wurde.
In Bayern lag die Zahl im niedrigen einstelligen Bereich. Wenn kein
Geschlecht eingetragen wurde, handelt es aber noch nicht automatisch
um einen diversen Menschen. Bei der Geburt kann keiner sagen, ob das
Baby sich nicht trotzdem als Mann oder Frau fühlen wird, auch wenn es
ohne eindeutige Geschlechtsmerkmale geboren wurde. Wenn also schon
die 17 Neugeboren nicht definitiv divers sein werden, wer bleibt
dann, der die tollen, neuen Toiletten nutzen soll? Das Beispiel ist
eines von vielen, bei denen man nachhaken sollte. Lobbyarbeit
forciert auch immer wieder Entscheidungen, die sich später als wenig
glücklich entpuppen. So etwa die Entscheidung, den Wandel zur
Öko-Landwirtschaft möglichst schnell voranzubringen und darauf zu
vertrauen, dass die Produkte dann schon einen Abnehmer finden.
Ökoverbände wollen immer strengere Regelungen für die Klassifizierung
eines Lebensmittels als „bio“ erreichen, um dann wiederum die höheren
Preise im Vergleich zu konventionell produzierten Lebensmitteln
rechtfertigen zu können. Dabei sind die Menschen in Deutschland zum
Großteil noch nicht bereit, mehr Geld auszugeben und Bio-Lebensmittel
zu kaufen, sie machten 2016 nur einen Anteil von 5,1 Prozent am
Gesamtumsatz aus. Und doch wird immer mehr Bio produziert und es gibt
weiterhin Subventionen, wenn ein Betrieb von der konventionellen
Produktion auf Öko-Landwirtschaft umstellt. Wozu das führen kann,
zeigt das Beispiel Bio-Milch. Die Milchproduzenten erhalten auch dann
Fördergelder, wenn sie nicht von Anfang an eine Molkerei als Abnehmer
der Milch nachweisen können. Dabei nehmen Molkereien nur so viel
Bio-Milch an, wie sie in Form von Milch, Käse, Joghurt und Butter
vermarkten können. Wer vor der Betriebsumstellung keinen Vertrag
abgeschlossen hat, der kann am Ende auf der Milch sitzen bleiben und
muss ein Produkt, das subventioniert wurde, unter Wert als
konventionelle Milch verkaufen oder es im schlimmsten Fall
wegschütten. Und doch lassen uns die Verbände durch ihre Lobbyarbeit
glauben, wir bräuchten immer noch mehr Bio-Bauern. Die Liste der
Bereiche, in denen sich ähnliche Beispiele finden, ließe sich
beliebig weiterführen. Natürlich ist es wichtig, dass Menschen für
ihre Interessen einstehen. Aber es lohnt sich, genau hinzuschauen,
was uns vorgesetzt wird und es Lobbyisten nicht zu leicht zu machen.
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