Demokratische Vielfalt am 23. Februar 2025 deutlich eingeschränkt
Waren 2021 ganze 19 Landeslisten von Parteien in Thüringen zur Bundestagswahl zugelassen gewesen, so sind es 2025 nur 11 Landeslisten. Mit BSW und Bündnis Deutschland sind nun neun etablierte Parteien in Thüringen am 23. Februar 2025 wählbar. Nur zwei Parteien, welche noch nicht von der Pflicht zur Sammlung der Unterstützungsunterschriften befreit sind, haben die benötigte Anzahl von 1.708 Unterschriften sammeln können: Die MLPD und Volt Deutschland. Volt war zur Thüringer Landtagswahl am 1. September 2024, wo nur 1.000 Unterschriften zu sammeln waren, gar nicht erst angetreten gewesen. In vielen Bundesländern hatte Volt, gemäß der ÖDP vorliegenden Informationen, kommerzielle Unterschriftensammler beauftragt.
ÖDP erstmals nicht zur Bundestagswahl in Thüringen wählbar
Die ÖDP wird nun zum ersten Mal nicht in Thüringen zu einer Bundestagswahl wählbar sein. Und dass, obwohl die ÖDP zu einer Bundestagswahl noch nie so viele Parteimitglieder in Thüringen hatte. Lediglich 2005 war sie zugunsten der Familienpartei bundesweit nicht angetreten gewesen. Dass es nicht zu einer Reduzierung der Anzahlen zu sammelnder Unterstützungsunterschriften kam, hat laut Martin Truckenbrodt, Landesvorsitzender der Thüringer Öko-Demokraten, für etliche Parteimitglieder bezüglich der Unterschriftensammlung demotivierend gewirkt. Hinzu kommt eine gewisse Erschöpfung nachdem 2024 bereits für Kommunal-, Europa- und Landtagswahlen Unterschriften gesammelt wurden.
Bundesverfassungsgericht hat im Dezember nicht zu vorzeitigen Bundestagswahlen entschieden
Die beiden Organstreitverfahren des ÖDP-Bundesverbandes, welche am 10. Dezember 2024 entschieden wurden, behandelten inhaltlich nicht den Sachverhalt vorzeitiger Neuwahlen des Bundestages. Der neuere Antrag auf Einstweilige Anordnung wurde lediglich im zeitlichen Zusammenhang zur aktuellen vorzeitigen Bundestagswahl gestellt. Die Bundeswahlleiterin hat dennoch an der Sitzung des Bundeswahlausschusses am 30. Januar 2025 mehrfach auf die beiden Urteile verwiesen. Auf einen entsprechenden Hinweis von Martin Truckenbrodt an dieser Sitzung, verwies sie auf die Urteilsbegründungen. Die Begründungen sind jedoch nicht Teil des Urteils und nicht Teil der Rechtgrundlage. Die ÖDP-Landesverband Sachsen reichte kürzlich im Zusammenhang mit der vorzeitigen Neuwahl einen Antrag auf einstweilige Anordnung beim Bundesverfassungsgericht ein, welcher am 20. Januar 2025 abgelehnt wurde. Auch das Bundesverfassungsgericht verweist hier fälschlicherweise auf die eigenen Urteile vom 10. Dezember 2024. Nach Ansicht von Truckenbrodt ist dies als Skandal zu bezeichnen.
Bundesverfassungsgericht erfüllt falsche Aufgaben
In den Urteilen vom 10. Dezember und den darauffolgenden Pressemitteilungen des Bundesverfassungsgerichts lässt dieses deutlich erkennen, dass es die Interessen der etablierten Parteien schützt. Dies ist jedoch nicht die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts. Stattdessen ist das Gegenteil der Fall. Denn das Gericht hat dafür Sorge zu tragen, dass der sich aus Vertretern der etablierten Parteien zusammensetzende Gesetzgeber die verfassungsmäßigen Prinzipien der Gleichheit der Wahl und der Chancengleichheit der Parteien nicht zu sehr einschränkt. Nach Einschätzung des Thüringer ÖDP-Landeschefs ist das Gericht offensichtlich nicht gewillt, diesem Auftrag nachzukommen. Es stünde auch der Bundeswahlleiterin gut zu Gesicht, wenn sie den Gesetzgeber oder das Gericht zum Handeln auffordern würde. Stattdessen unterstützt sie kommentarlos das Nichtagieren des Gesetzgebers und das verfehlte Agieren des Gerichts.
ÖDP prüft Einschaltung des Europäischen Gerichtshofs
Anlässlich der Karlsruher Urteile vom 10. Dezember 2024 prüft der Bundesverband der ÖDP aktuell deshalb die Möglichkeit der Einschaltung des Europäischen Gerichtshofs. Nachdem das Bundesverfassungsgericht offenbar seinem naturgemäßen Auftrag nicht nachkommen will, scheint dies eventuell die letzte Möglichkeit zu sein, eine Einhaltung der verfassungsmäßigen Prinzipien der Gleichheit der Wahl und der Chancengleichheit der Parteien herbeizuführen und durchzusetzen. Generell ist es auch fraglich, ob in diesem Zusammenhang das oft angewandte Totschlagargument der Verfristung für die Wahlgesetzgebung angewandt werden darf. Schließlich stellen Wahlen den elementarsten Bestandteil der parlamentarischen Demokratie dar. Gerade hier muss der Einhaltung der verfassungsmäßigen Prinzipien und demokratischer Grundprinzipien wichtiger sein, als Fragen der Rechtssicherheit auch auf diesen Bereich der Gesetzgebung anzuwenden. Sind die beiden Kriterien ausreichend eingehalten, ist wiederum automatisch das Höchstmaß an Rechtssicherheit hergestellt.