Lausitzer Rundschau: Wichtiger? Gilt nicht

Der Bundestag debattiert die Guttenberg-Affäre

Dass es in der Sache Guttenberg keine wirklich
neuen Erkenntnisse geben würde, stand vorher fest. Bemerkenswert war
der gestrige Tag im Parlament trotzdem. Zum einen, weil man eine
Opposition erleben konnte, die in der Fragestunde weitestgehend auf
Polemik verzichtete und stattdessen sachlich ihr gutes Recht in
Anspruch nahm, bei einem Minister kritisch nachzubohren. Dass es
anschließend in der Aktuellen Stunde hoch her ging bis an die Grenze
der Bosheit, liegt in der Natur der Sache – die politische Bewertung
der Plagiats-Affäre spaltet das Parlament genauso wie die
Gesellschaft. Zum anderen war aber auch der Auftritt des
Bundesverteidigungsministers erstaunlich. Nicht wegen dessen üblicher
Souveränität, sondern wegen Guttenbergs zur Schau gestellter
Attitüde: In der Demut liegt die Kraft. Man konnte sogar den Eindruck
gewinnen, der Minister empfindet seine Konsequenzen als beispielhaft.
Zumal es für einen Minister Wichtigeres gibt, zum Beispiel die
Bundeswehrreform, zum Beispiel der Einsatz in Afghanistan. Nur gibt
es immer Bedeutenderes als das, wofür man geradestehen muss. Wer so
denkt, der kann den Diebstahl auch damit erklären, dass er im Laden
den Überblick verloren hat. Lässt man eine solche Haltung durchgehen
und brandmarkt sie nicht, ändern sich die gesellschaftlichen Maßstäbe
weiter zum Schlechten. Ein großer Teil der Menschen im Land findet
das mit Blick auf Guttenberg offenbar noch in Ordnung. Auch die
Mehrheit im Bundestag. Das ist das eigentlich Schlimme des gestrigen
Tages.

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