Auf Zeit spielen war bislang eine Stärke von
Bundeskanzlerin Angela Merkel. Noch konnte sie jedes Stürmchen, das
sich in ihrer Umgebung zusammenbraute, an sich vorbeilenken. Doch
bei der gewünschten Energiewende gelingt dies nicht. Hier läuft der
Kanzlerin langsam die Zeit davon, denn es gibt deutlich mehr
Widerstände als gedacht – in den eigenen Reihen, in den Ländern, in
der Opposition sowieso. Gestern nun gab es eine echte Ballung an
Aktivitäten: Erst beschloss ihre Partei ein maues
Wischiwaschi-Energiekonzept, um die noch immer atomkraftfreundliche
Basis zu befrieden. Dann traf Merkel die Partei- und Fraktionschefs
aller Bundestagsparteien. Und ihr Wirtschaftsminister beriet mit den
grummelnden Länderkollegen über den umstrittenen Netzausbau. Der
Kanzlerin ist klar geworden, dass ein Aussitzen angesichts der
Vielzahl gesetzlicher Neuregelungen, die für eine echte Energiewende
gebraucht würden, nicht fruchtet. Da sie Regierungsfähigkeit zeigen
will, soll wenigstens bis zur Sommerpause alles unter Dach und Fach
sein. Doch selbst dies ist einigermaßen ambitioniert. Man will nun im
Eiltempo das nachholen, was die Koalition durch ihren früheren
Laufzeitverlängerungskurs blockiert hat. Trotz allem taktischen
Lavieren wird es der Kanzlerin nicht gelingen, eine bestenfalls
leichte Modifizierung als klare Weichenstellung hin zu einer
Energiewende zu verkaufen. Der Faktor Zeit hilft ihr dabei nichts.
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