Kommentar von Antje Höning
Ein Jahr, nachdem die Euro-Länder das erste Rettungspaket für
Athen geschnürt haben, steht Griechenland erneut am Abgrund. Weder
Helfer noch Patient haben die Zeit genutzt, die damals mit Milliarden
erkauft wurde. Griechenland hat seine Reformen nicht genug
vorangetrieben. Und selbst die kleinen Schritte sind den
Gewerkschaften noch zu groß. Es ist unverfroren, dass sie für heute
zum Generalstreik aufgerufen haben. Aber auch die Retter holt ihre
Halbherzigkeit ein. Hätten sie Griechenland 2010 in eine geordnete
Insolvenz gehen lassen, wäre das Land heute entschieden weiter. Haben
sie aber nicht, und so steht die Staatengemeinschaft wieder vor der
Frage: Milliarden nachschießen oder Pleite jetzt? Aus ökonomischer
Sicht ist eine Umschuldung, wie die Pleite vornehm genannt wird, das
Sinnvollste. Doch die Politik wird sie erneut nicht zulassen, zumal
sie auch die Europäische Zentralbank treffen würde, die heute größter
Gläubiger Athens ist. Nun rächt sich, dass sich die EZB mit dem Kauf
von griechischen Anleihen zum Büttel der Politik hat machen lassen.
Also wird Europa neue Milliarden schicken. Das Signal an Athen und
andere Pleite-Länder ist verheerend: Reformen können ruhig ausfallen,
der Rest Europas zahlt, bis er selbst nicht mehr kann.
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