Der Vorstoß von Umweltminister Norbert Röttgen für
ein Moratorium in Gorleben ist weder neu noch originell.
Niedersachsens neuer Umweltminister Stefan Birkner (FDP) hatte
bereits vor einem Monat angeregt, die Arbeiten im Salzstock noch
dieses Jahr unterbrechen zu lassen – er reklamierte gestern die Idee
mit einigem Recht für sich. Wenn Röttgen jetzt diesen Vorschlag
aufgreift, dann vor allem, um SPD und Grüne bei den Gesprächen über
ein Endlager-Suchgesetz wieder ins schwankende Boot zu holen. Die
Oppositionsparteien hatten zuletzt gezickt und die letzte
Gesprächrunde kurzfristig platzen lassen. Dabei sind auch die
sozialdemokratischen und grünen Verhandler längst von ihrer
ursprünglichen Position abgerückt, dass Gorleben bei der
Endlagersuche aus geologischen und politischen Gründen außen vor
bleiben müsse. Ein Erkundungsstopp noch in diesem Jahr könnte die
Kompromisslinie zumindest für diesen Streitpunkt markieren. Hinzu
kommt: Die Arbeiten im sogenannten Erkundungsbereich 1 werden ohnehin
im Spätsommer beendet sein. Für weitere untertägige Untersuchungen
bedarf es aber der Zustimmung des Grafen von Bernstorff und von
Kirchengemeinden, die Land über dem Salzstock und damit die
zughörigen Salzrechte besitzen. Diese Zustimmung wird die
Bundesregierung aber nicht erhalten. Und ein Enteignungsverfahren
würde allen Ankündigungen von einer transparenten Endlagersuche mit
Mitsprachemöglichkeiten für die Bevölkerung Hohn sprechen. Aus dem
Spiel ist Gorleben aber längst nicht, im Gegenteil. Schon mehr als
1,6 Milliarden Euro wurden im Wendland verbuddelt. Die
Atomkraftwerksbetreiber, die den größten Teil dieser Summe beisteuern
mussten, dürften wenig Interesse daran haben, ihr Geld abzuschreiben
beziehungsweise noch einmal so viel für die Prüfung eines anderen
Standortes aufzubringen. Die 113 Castorbehälter, die im Schutz
gigantischer und teurer Polizeieinsätze nebenan ins Zwischenlage
gekarrt wurden, sind ein weiteres Argument, das im Zweifelsfall für
Gorleben bemüht werden wird. Auch auf die millionenteure Vorläufige
Sicherheitsanalyse Gorleben, mit der nach Ansicht von Kritikern die
Tauglichkeit des Salzstocks bewiesen werden soll, läuft weiter. Die
weiße Landkarte, die Röttgen beim Neustart der Endlagersuche
versprach, gibt es also nicht. Sie hat bereits einen dicken Fleck.
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