Dieses Gerichtsverfahren wird eine harte
Prüfung für die Norweger: Schon am ersten Verhandlungstag hat Anders
Behring Breivik, verantwortlich für ein kaltblütig durchgeführtes
Massaker an 77 Menschen, seinen Prozess für eine obszöne
Propaganda-Inszenierung genutzt. Breiviks Auftreten ist eine
Provokation, ein Schlag ins Gesicht der Opfer-Angehörigen, und man
darf sich fragen, ob man dem Killer im Gerichtssaal wirklich eine
derart breite Bühne bieten musste – einschließlich der Ausstrahlung
von Hass-Videos. Aber die norwegische Strafprozessordnung ist, wie
sie ist. Sie basiert auf denselben Grundsätzen wie hierzulande,
wonach der Angeklagte anzuhören ist, und zwar – abgesehen von eng
begrenzten Ausnahmen – öffentlich. Das ist der Preis für eine
unabhängige und faire Justiz, auch wenn er einem im Fall von Breivik
sehr hoch erscheinen mag. Dass der Massenmörder den Prozess zu nutzen
vermag, um seine Tat als einen heldenhaften Akt der Notwehr gegen
Überfremdung darzustellen und die Saat seiner kruden Ideologie zu
säen, ist unwahrscheinlich. Das Gegenteil ist zu hoffen: Dass Breivik
sich in den fünf Tagen seiner Anhörung endgültig demaskiert. Keiner
kann das Monströse seiner Bluttat besser entlarven als er selbst.
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