In der Diskussion um das Betreuungsgeld wird
mit harten Bandagen gekämpft. Die Widersacher stehen sich
unversöhnlich gegenüber, bewerfen sich mit Begriffen wie
„Krippen-Wahn“ und „Herdprämie“ – und die ideologischen Fronten
verlaufen nicht etwa nur zwischen Regierung und Opposition. Das
Betreuungsgeld ist aber nicht der einzige Bereich, der verdeutlicht,
wie mut- und strukturlos die schwarz-gelbe Bundesregierung den
Herausforderungen von Familien und Frauen begegnet. Entsprechend ist
die Bilanz von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder, die seit
zweieinhalb Jahren kontinuierlich an den Realitäten der Frauen und
Familien in Deutschland vorbeiregiert. Tatsache ist, dass Frauen
deswegen immer später oder keine Kinder bekommen, weil Familie und
die heutige Arbeitswelt kaum miteinander vereinbar sind. Junge Paare
und vor allem Frauen müssen unzählige Faktoren bedenken, wenn sie
sich Nachwuchs wünschen: Ist der Arbeitsplatz sicher? Wie lange soll,
kann und will die Frau nach der Geburt des Kindes zuhause bleiben?
Wie kann sie wieder ins Berufsleben einsteigen? Reicht das Geld bei
einem Teilzeitjob? Ist die Arbeitsstelle des Partners sicher? Gibt es
in der Umgebung oder gar im Unternehmen Betreuungsmöglichkeiten, die
qualitativ hochwertig und bezahlbar sind sowie mit den Arbeitszeiten
übereinstimmen? Leider müssen junge Paare diese Fragen trotz des
Ausbaus der Kita-Plätze für unter Dreijährige und dem Rechtsanspruch
ab 2013 immer wieder mit Nein beantworten. Wahlfreiheit sieht anders
aus. Die Regierung sollte die Milliarden, die für das Betreuungsgeld
ab 2013 jährlich fließen sollen, lieber in die Hand nehmen, um dort
Wahlfreiheit herzustellen, wo sie nötig ist, anstatt der CSU zu
helfen, Wahlgeschenke zu verteilen. Wie wenig Gestaltungswillen
Ministerin Schröder mitbringt, hat sie schon bei der Diskussion über
die Frauenquote bewiesen. Frauen gelangen nur äußerst schwer an
Führungspositionen, und das, obwohl sie genauso qualifiziert und
leistungsbereit sind wie ihre männlichen Kollegen. So waren 2010 in
den Top-200-Unternehmen gerade einmal 10,6 Prozent der
Aufsichtsratspositionen und nur 3,2 Prozent der Vorstandspositionen
mit Frauen besetzt. Solange Ministerin Schröder mit ihrer
windelweichen „gesetzlichen Verpflichtung zur Selbstverpflichtung“
die Unternehmen selbst entscheiden lässt, wie hoch der Anteil von
Frauen in ihren Führungsetagen sein soll, wird sich daran auch nichts
ändern. Diese „Flexiquote“ bringt nur den Unternehmen etwas, nicht
aber den Frauen. Dabei könnte eine Frauenquote, wie sie
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen gefordert hatte, wie ein
Katalysator für die Herstellung einer familienfreundlichen
Arbeitswelt wirken. Den Konflikt mit der Wirtschaft scheut die
Familienministerin auch bei der Familienpflegezeit – wiederum auf
Kosten der Frauen. Denn Realität ist, dass Frauen zum überwiegenden
Teil die häusliche Pflege von Angehörigen übernehmen. Sie reduzieren
ihre Arbeitszeit oder steigen sogar ganz aus dem Berufsleben aus, um
sich um die pflegebedürftigen Eltern zu kümmern – mit bekannten
Folgen: Die unterbrochene Erwerbsbiografie führt zu einem erschwerten
Wiedereinstieg in das Berufsleben, der sich dauerhaft oft nur in Form
von 400-Euro-Jobs oder Teilzeitarbeit realisieren lässt. Und das sind
die besten Voraussetzungen, um im Alter arm zu sein. Ein mit der
Elternzeit vergleichbarer Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit wäre
angesichts der steigenden Zahl von Pflegebedürftigen eine längst
nötige Unterstützung und Anerkennung häuslicher Pflege gewesen.
Stattdessen minimiert Schröder wieder einmal das Risiko für die
Unternehmen. Anstatt wenig aussagekräftige Bücher wie ihr jüngstes
Werk „Danke, emanzipiert sind wir selber!“ zu schreiben, sollte
Schröder endlich damit beginnen, wirkungsvolle und mutige Rezepte zu
entwickeln, mit denen Probleme von Familien und Frauen heutzutage
bewältigt werden können. Denn zweieinhalb verlorene Jahre für
Familien in Deutschland sind genug.
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