NSU-Morde: Hessischer Verfassungsschützer beteuert bei „Panorama“ seine Unschuld – „Zur falschen Zeit am falschen Ort“

Der frühere hessische Verfassungsschützer Andreas
T., der am Tag eines NSU-Mordes an einem Kasseler
Internet-Cafe-Besitzer am Tatort zu Gast war, hat sich in einem
Fernsehinterview mit dem NDR-Magazin „Panorama“ gegen die Vorwürfe
gewehrt, die immer wieder in den Medien gegen ihn erhoben werden.
„Ich war tatsächlich, wie ich es immer wieder nur betonen kann: Zur
falschen Zeit am falschen Ort. Und es gibt keine Verbindung von mir
zu diesen Taten und auch keine Verbindung, die irgendetwas mit meiner
Arbeit zu tun gehabt hätte.“ Das Interview zeigt „Panorama“ heute,
21.45 Uhr, im Ersten.

Obwohl die Ermittlungsbehörden bereits im Januar 2007 ein
Ermittlungsverfahren gegen Andreas T. eingestellt hatten, wird er
weiterhin in Verbindung mit der Tat gebracht. Heute fragt etwa die
Wochenzeitung „Die Zeit“: „Hat ein Verfassungsschützer einen der
NSU-Morde begangen?“ Als belastendes Indiz wird immer wieder
angeführt, man habe auf seinem Dachboden Auszüge aus Hitlers „Mein
Kampf“, Munition und diverse Waffen gefunden. Dabei ging es laut
Durchsuchungsprotokoll allerdings nur um 13 Schrot- und 100
Platzpatronen. Die Waffen besaß er als Sportschütze völlig legal.
„Also ich habe mir diese Waffen ganz schlicht und einfach gekauft,
zugelegt, weil ich hab in dem Verein nette Menschen kennengelernt,
wollte mich da beteiligen, dazu war es dann auch letztendlich
notwendig, dass ich dann eben auch eigene Waffen hatte, um auch an
den Wettkämpfen teilzunehmen, eben halt als Sportschütze.“ Zudem ist
unstrittig, dass der Mord mit der Ceska verübt wurde, die damals im
Besitz von Böhnhardt und Mundlos war.

Bezüglich seiner angeblich rechten Gesinnung räumt er gegenüber
„Panorama“ ein, dass er als junger Mann durchaus rechte „Sprüche
nachgeplappert“ habe. Das sei aber lange vorbei. „Ich hoffe für jeden
Jugendlichen in diesem Alter, dass er wenn er solche Gedanken in
seinem Kopf hat, dass er andere Sichtweisen auf das Leben finden
kann, dass ihm das Gleiche geschieht wie mir, dass er sagt, ich sehe
mir die Welt selber an mit eigenen Augen. Und ich bin frei davon,
irgendwelche Dinge einfach nachzuplappern.“

Schlimm sei insbesondere die Zeit für die Familie gewesen, als der
Fall 2011 neu hochkochte und Andreas T. dann als „Klein Adolf“ in den
Medien beschrieben wurde. Seine Frau Eva gegenüber „Panorama“: „Das
ist natürlich entsetzlich, Zeitung aufschlagen, steht da –kleiner
Adolf–, fühlt sich an wie eine Riesenfrechheit. Das tut weh, das ist
furchtbar, aber ich weiß ja, dass es nicht so ist … Für die Kinder
finde ich es ganz furchtbar. Der Große geht zur Schule und die
anderen Eltern lesen das auch in der Zeitung, die haben die Bilder
vom Haus im Fernsehen gesehen, deren Kinder kommen vielleicht
nachmittags hier her, besuchen meinen Sohn. Ja, es ist einfach eine
Frechheit.“

2011 und 2012 wurde der Fall erneut von der Bundesanwaltschaft
überprüft mit neuen Vernehmungen. Das Ergebnis: Die Strafverfolger
sahen keinen Grund die Ermittlungen gegen Andreas T. wieder
aufzunehmen. Im Zuge dieser Prüfung wurde auch der V-Mann aus der
rechten Szene vernommen, der am Tattag mit Andreas T. telefoniert
hatte. Auch dieser Fakt, der gern als Indiz einer möglichen
Verbindung zum NSU beschrieben wird, erwies sich als tote Spur. Die
Bundesanwaltschaft fand keine Anhaltspunkte dafür, dass der V-Mann
oder Andreas T. an der Tat beteiligt gewesen sein könnten.

Informationen zu „Panorama“ finden Sie im Internet unter
panorama.de

5. Juli 2012 / RC

Pressekontakt:
NDR / Das Erste
NDR Presse und Information
Telefon: 040 / 4156 – 2302
Fax: 040 / 4156 – 2199
http://www.ndr.de