Bundespräsident Joachim Gauck hat sich sehr
zurückhaltend zur Wirksamkeit eines NPD-Parteienverbots bei der
Bekämpfung der Neonazis geäußert. In einem Interview mit der
„Leipziger Volkszeitung“ (Montag-Ausgabe) sagte das Staatsoberhaupt:
„Das muss sehr sorgfältig bedacht werden.“ Er verfolge aufmerksam die
Arbeit der Experten aus Bund und Ländern. „Solche Verfahren brauchen
auch Zeit. Solange können und wollen wir mit unserem Engagement nicht
warten“, meinte Gauck, der vor seiner Präsidentschaft Vorsitzender
des Vereins „Gegen Vergessen – für Demokratie“ war. „Im Alltag ist es
heute so, dass die Bürgergesellschaft vielerorts recht aktiv ist.
Überall, wo die Braunen auftreten, sind wir zehn Mal mehr als die“,
hob der Bundespräsident hervor. „Und das macht Mut.“ Auf die Frage,
was man als Bürger machen könne, wenn sich herausstelle, der Nachbar
sei ein Nazi, riet das Staatsoberhaupt dazu: „Keine Angst haben. Den
eigenen Argumenten trauen. Freunde suchen.“ Zugleich solle man den
verführten Jugendlichen „anders behandeln als die eingefleischten
Ideologen und Menschenfeinde“, meinte Joachim Gauck. Der
Bundespräsident ermunterte aber auch ausdrücklich dazu, präsent und
standhaft zu bleiben. Gauck sagte: „Nicht weglaufen. Zeuge sein, wo
ein Zeuge gebraucht wird.“ Der Bundespräsident widersprach in dem
Interview auch der in rechtsextremistischen Kreisen propagierten
These von in Ostdeutschland durchgesetzten sogenannten „National
befreiten Zonen“. Diese gebe es in der Form gar nicht. „Das hätten
die Nazis gerne.“ Zugleich rief Gauck dazu auf, sich stärker an
Wahlen zu beteiligen, dann sei es mit der Anwesenheit rechtsradikaler
Gruppierungen in Parlamenten bald vorbei. „Die rechtsradikalen
Abgeordneten verschwinden sehr schnell aus dem Parlament, wenn mehr
Bürger zur Wahl gehen.“
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