Brandenburgs Verfassungsschutz gerät zunehmend ins
Visier des Bundestags-Untersuchungsausschusses, der Versäumnisse bei
der Fahndung nach den Mitgliedern des Nationalsozialistischen
Untergrundes (NSU) aufdecken soll. Der Geheimdienst hatte nach
eigenen Aussagen mit seinem V-Mann „Piato“ die „bundesweit einzige
Informationsquelle“, die „weiterführende Hinweise auf den Verbleib
dreier flüchtiger Neonazis aus Thüringen“ gab. Diese Quelle
widersprach dieser Darstellung bei seiner Vernehmung durch das
Bundeskriminalamt mehrfach, berichtet die Tageszeitung „neues
deutschland“ (Mittwochausgabe), der das entsprechende Protokoll
vorligt. Nach jüngsten Aktenfunden im Bereich der Brandenburger
Justiz wurden weitere Akten entdeckt, die bezweifeln lassen, dass der
Geheimdienst den V-Mann nach den gesetzlichen Vorgaben geführt hat.
„Piato“ hatte wegen versuchten Totschlags eine achtjährige Haftstrafe
in der JVA Brandenburg zu verbüßen, als er 1994 Vertrauensmann des
Geheimdienstes wurde. Ein Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom
Dezember 1999 zur vorzeitigen Haftentlassung wurde mit Hilfe des
Verfassungsschutzes und nur durch bewusste Irreführung der
zuständigen Richterin erreicht. Nach seiner Entlassung versuchte der
V-Mann eine Wehrsportgruppe nach dem Vorbild der
rechtsextremistischen Terrororganisation „Combat 18“ zu gründen und
warb für den bewaffneten Kampf, erinnert sich ein einstiges Mitglied
der Gruppe. Nachdem „Piato“ im Jahr 2000 enttarnt worden war, gab ihm
der Geheimdienst eine neue Identität und ersetzte dabei die vom
Gericht beauftragte Bewährungshelferin durch eigene Beamte.
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