Der Regionalproporz war eine der bestimmenden
Größen bei der komplizierten Regierungsbildung der Großen Koalition.
Da wurden Posten hin und her geschoben, Namen rein- und rausgeworfen
und auf Deutschland-Karten die stärksten und schwächsten
Landesverbände identifiziert. Manche Überraschung kam bei dem
„Bäumchen wechsle dich“-Spiel heraus. Und so wirken die Begründungen
schwammig, warum auf einmal Frau X oder Herr Y die richtigen für das
Ministerium A oder B sind, obwohl sie mit den jeweiligen
Politikbereichen noch nie etwas zu tun hatten.
Bei der spektakulärsten Umbesetzung, nämlich der im
Verteidigungsministerium, gibt es jedoch eine Variante, die eher für
kühles Macht-Kalkül spricht. Demnach nimmt Kanzlerin Angela Merkel
ihren Vertrauten Thomas de Maizière aus der Kritik, schickt ihn
zurück in das ihm bekannte Innenministerium und schaut dann in Ruhe
zu, wie ihre vermeintliche Rivalin Ursula von der Leyen als
Verteidigungsministerin scheitert. Muss doch jetzt von der Leyen den
gefährlichen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan organisieren. Zur
allgemeinen Beruhigung: Es soll hohe und erfahrene Ministerialbeamte
geben, denen es ohnehin gleichgültig ist, wer unter ihnen die
Geschäfte als Minister führt.
Zurück zum Regionalproporz: Mit Fraktionschef Volker Kauder und
Finanzminister Wolfgang Schäuble ist Baden-Württemberg
außerordentlich stark in Merkels Umfeld vertreten. Das bedeutet, dass
der Klärungsprozess innerhalb der Union, wer denn nun Herausforderer
von Ministerpräsident Winfried Kretschmann wird, noch länger andauern
wird. Denn den ersten Anspruch auf diese Position hätte Landeschef
Thomas Strobl. Dem Merkel-Vize werden seit jeher bundespolitische
Ambitionen nachgesagt. Doch Minister ist er jetzt nicht geworden. Die
drei potenziellen Spitzenkandidaten, neben Strobl Fraktionschef Peter
Hauk und Landtagspräsident Guido Wolf, müssen sagen, ob sie wollen
oder nicht. Taktierend wird keiner der drei den populären
Regierungschef gefährden können.
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