Zentralismus ist ein zweischneidiges Schwert. Er
macht die Welt meistens übersichtlicher, aber umgekehrt auch
normierter, weniger kreativ und weniger vielfältig. Die maßgebliche
Frage bei der Bewertung eines bundesweit vergleichbar gemachten
Abiturs lautet also: Brauchen wir die auch am Freitag sogleich wieder
beschworene pädagogische Vielfalt oder nicht? Eindeutige Antwort:
zumindest in ihrer jetzigen Form auf keinen Fall. Jedes Bundesland
erzählt uns seit Jahrzehnten, dass sein jeweiliges Schulsystem das
garantiert beste sei. Da wird man den Verdacht nicht los, dass die
Vielfalt vor allem von denen propagiert wird, deren
Existenzberechtigung sie sichert: der nachgelagerten Bürokratie. Für
Eltern und Schüler sind die Unterschiede zwischen den Ländern oft
genug ein echtes Ärgernis. Umzüge werden zum Versetzungsrisiko, bei
Studiengängen mit Zulassungsbeschränkungen gibt es Aufschläge auf den
Notenschnitt. In Zeiten einer sich nicht nur wirtschaftlich immer
stärker globalisierenden Welt ist derlei Kleinstaaterei ein
Treppenwitz. Die Entscheidung für bundesweit vergleichbare
Abitur-Kriterien ist somit definitiv ein Schritt in die richtige
Richtung. Über die Qualität der Abschlüsse ist damit natürlich noch
nichts gesagt. Aber eben auch nicht über den Verlust vermeintlicher
Vielfalt. Das eine wie das andere hängt letztlich nicht an
staatlichen Vorgaben, sondern vor allem an engagierten Lehrern und
ebenso engagierten Schülern. Und Eltern, die ihren Kindern
vermitteln, wie viele Möglichkeiten unser Schulsystem trotz allen
Korrekturbedarfs bietet.
Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Florian Giezewski
Regionalmanager
Telefon: 06131/485817
desk-zentral@vrm.de