Irgendwie können die Christdemokraten ihr Glück
noch gar nicht fassen. Seit Wochen standen sie wegen der
NSA-Abhöraffäre unter Dauerbeschuss der Oppositionsparteien, die
wahlweise Bundeskanzlerin Angela Merkel, ihren Kanzleramtsminister
und engen Vertrauten Ronald Pofalla oder Innenminister Hans-Peter
Friedrich heftig attackierten, und nun das: Die Daten stammen gar
nicht vom US-Geheimdienst NSA, sondern vom Bundesnachrichtendienst,
der sie seinen amerikanischen Kollegen zur Verfügung stellt. Und mehr
noch: Die Zusammenarbeit besteht seit dem Jahr 2002, als in Berlin
noch Rot-Grün regierte, der Bundeskanzler Gerhard Schröder hieß und
sein Kanzleramtsminister Frank-Walter Steinmeier den Austausch mit
den USA auf den Weg brachte. So kommt es, wie es in einem Wahljahr
kommen muss: Genüsslich dreht Schwarz-Gelb den Spieß um, attackiert
nicht minder heftig Rot-Grün, nennt die Vorwürfe gegen Merkel,
Pofalla und Friedrich eine „Heuchelei“ und fragt nach der
Verantwortung von Steinmeier. In der Tat mutet es schon äußerst
seltsam an, dass die SPD die Zusammenarbeit zwischen BND und NSA
lautstark anprangert, ohne dass sich ihr eigener Fraktionschef zu
Wort meldet und auf die damals geschlossene Vereinbarung hinweist.
Nun steht der sozialdemokratische Oberangreifer Thomas Oppermann
ziemlich nass im Regen. Jenseits des Wahlkampfes aber werfen die
Erkenntnisse neue, nicht minder brisante Fragen auf. Wenn es der BND
selber war, der die Daten auf deutschem Boden gesammelt und an den
US-Dienst weitergegeben hat, warum wussten dann weder Angela Merkel
noch Geheimdienstkoordinator Ronald Pofalla und Innenminister
Hans-Peter Friedrich darüber Bescheid? Sie tappten bis vor wenigen
Tagen genauso im Dunkeln wie alle anderen. So flog Friedrich in die
USA, um mit leeren Händen zurückzukehren, und Merkel schrieb Briefe
an die US-Regierung, in denen sie um Aufklärung bat. Dabei hätte ein
Anruf in Pullach genügt, um Licht ins Dunkel zu bringen. Ebenso ist
weiterhin ungeklärt, was BND und NSA mit den Daten machen, wie lange
sie diese speichern und nach welchen Kriterien sie ausgewertet
werden. Nach den Enthüllungen des früheren
US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden beginnt sich der Nebel
über die Geheimdienstaktivitäten langsam zu lichten. Gleichwohl steht
die Aufklärung weiterhin erst am Anfang.
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