Und nun wird Schavan doch noch zum Guttenberg.
Dass der Plagiatsfall der Bildungsministerin rein gar nichts mit dem
des einstigen Polit-Strahlemanns zu tun hat, wurde zuletzt immer
wieder beschworen. Jetzt ist das Gegenteil erst einmal amtlich: Beide
sind ihren Doktortitel los. Guttenberg floh darauf einst aus dem
Land. Schavan muss nicht ganz soweit gehen, aber etwas anderes als
ein Adieu bleibt auch ihr nicht übrig: Als Ministerin, die
Professoren und Hochschulräte als Gegenüber hat und die in aller Welt
für Deutschlands Bildungsstrukturen werben soll, wird die
CDU-Politikerin keinen Erfolg mehr haben. Das ist bitter für die
Ministerin, die in den vergangenen Jahren eine reputierliche Arbeit
geleistet hat. Das ist bitter auch für die Bundesregierung, die eine
loyale Schafferin und eine verlässliche Lenkerin verliert. Und es ist
bitter für die CDU, die sich nun ausgerechnet im Wahljahr mit einer
belastenden Personalie rumschlagen muss. Und dennoch: Der Fall
Schavan ist nicht der Fall Guttenberg. Der ehemalige CSU-Spitzenmann
entschied sich zu einer Promotion, als seine Politkarriere ohnehin
schon im Steilflug begriffen war, sozusagen als zusätzliches
Triebwerk. Ganz anders Annette Schavan: Sie büffelte als junge
Studentin an ihrer Doktorarbeit „grundständig“, wie man im
Fachterminus sagt. Sie hatte also vor ihrer Promotion keinen anderen
akademischen Abschluss. Möglicherweise liegt darin ein Teil des
Problems begründet. Denn wer eine Diplom- oder Magisterarbeit
gemeistert hat, besitzt schon Erfahrung im schreiberischen Umgang mit
umfangreichen Studien. Der mag Annette Schavan gefehlt haben. Dafür
schrieb sie ihre Thesen im engen Kontakt zur Hochschule, bestallt
auch als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Daher trifft die Abstrafung
der Universität Düsseldorf nicht nur die Ministerin: Sie trifft auch
die Hochschule selbst, deren Qualitätskriterien offenbar zu umgehen
sind. Das Urteil trifft vor allem den in Ehren ergrauten Doktorvater
und den einstigen Zweitgutachter von Schavans Arbeit. Auch die
Transparenz, die sich aus der verpflichtenden Veröffentlichung einer
Doktorarbeit ergibt, reichte nicht aus, um die „gravierenden Mängel“
früher ans Licht zu bringen. Erst der Eifer der Plagiatsjäger im Netz
war entlarvend. Und der Eifer war Folge von Schavans exponierter
Stelle. Etliche – das ist der logischer Umkehrschluss – können wohl
in ihrer relativen Anonymität fragwürdig erworbene Titel weiter
führen. Das Düsseldorfer Professorenurteil lässt Annette Schavan sehr
tief fallen, ihr fehlt nun jedweder Studienabschluss. Es ist
verständlich, dass sie sich auf dem Klageweg dagegen zur Wehr setzt.
Politisch aber wird ihr das nicht helfen. Und das politische Geschäft
will es gar so, dass mancher in der CSU sich darüber die Hände reibt:
Wie einst unser Guttenberg, so nun eure Schavan!
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Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
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