Enthaltung ist keine Haltung, warf einst
Außenminister Guido Westerwelle den Grünen im Bundestag vor, als sie
sich beim Rettungspaket für Griechenland der Stimme enthielten. Wohl
wahr. Wer sich enthält, scheut die klare Festlegung und will sich
heraushalten. Nun aber fällt der Vorwurf nicht nur auf den
Außenminister, sondern auf das gesamte Bundeskabinett zurück. Beim
Thema NPD-Verbot mag sich die Bundesregierung nicht festlegen,
sondern erweckt den Eindruck, als wolle sie mit der Sache am liebsten
nichts zu tun haben. Einen eigenen Verbotsantrag will sie nicht
stellen, wohl aber die Länder bei ihrem Gang nach Karlsruhe
unterstützen. Das ist alles – nur keine Haltung. Wenn die
Bundesregierung der Meinung ist, die NPD ist eine verfassungswidrige
Partei, die eine Gefahr für die freiheitlich-demokratische
Grundordnung darstellt, sollte sie einen eigenen Antrag stellen.
Vertritt sie dagegen die Auffassung, dass die Gefahr eines Scheiterns
zu groß ist und sich das Thema NPD ohnehin von selbst erledigt, weil
die Partei ohnehin finanziell am Ende ist und von internen
Flügelkämpfen zerrissen wird, sollte sie klar zum Ausdruck bringen,
dass sie den Antrag der Länder für falsch hält und diesen nicht aktiv
unterstützt. Aber beide Positionen scheut die Regierung Merkel/Rösler
wie der Teufel das Weihwasser, stattdessen versteckt sie sich. So
steht der zweite Anlauf von Anfang an auf ähnlich tönernen Füßen wie
das erste Verbotsverfahren, das vor zehn Jahren wegen der
V-Mann-Problematik scheiterte. Die Einzigen, die davon profitieren,
sind die Rechtsextremen selber, denen in der öffentlichen Wahrnehmung
eine Bedeutung zukommt, die in keinem Verhältnis zu ihrer
tatsächlichen politischen Relevanz steht. Insofern wäre es
konsequenter, die Länder zögen ihren Antrag, mit dem sie gegen den
Willen der Bundesregierung vorgeprescht sind und die anderen
Verfassungsorgane unter Druck gesetzt haben, zurück und ersparten
sich und dem Land die Blamage eines erneuten Scheiterns. Die
Demokratie in Deutschland ist gefestigt genug, um sich mit ihren
Gegnern und Feinden politisch auseinanderzusetzen und den braunen
Ungeist aktiv zu bekämpfen. Dazu gehört allerdings auch, dass die
Regierung, die im Kampf gegen Rechts auf couragierte Bürger setzt,
bei wichtigen Projekten gegen Rechtsradikalismus nicht die Förderung
auslaufen lässt.
Pressekontakt:
Badische Neueste Nachrichten
Klaus Gaßner
Telefon: +49 (0721) 789-0
redaktion.leitung@bnn.de