Badische Neueste Nachrichten: Mursi und die Macht

Mohammed Mursi will es wissen: Im Machtkampf mit
Justiz und Militär zieht er immer wieder neue Karten. Per Dekret hat
er die Entscheidung des Obersten Gerichts in Kairo beiseitegewischt
und das Parlament wieder eingesetzt. Mit Rechtsstaatlichkeit hat dies
wenig zu tun, dafür viel mit Willkür. Zwar stammen die Richter noch
aus der Mubarak-Ära, aber auch in den Zeiten der
Massendemonstrationen auf dem zentralen Tahrir-Platz war nie der Ruf
nach Abschaffung des höchsten Gerichts laut geworden. Mursi tritt die
Gewaltenteilung mit Füßen, wenn er sich nicht an die versprochenen
neuen demokratischen Spielregeln im Land hält. Die Militärs suchen
derweil nur nach einem Vorwand, um die Uhr zurückzudrehen. Sie sehen
ihre Felle davonschwimmen, seitdem die Moslembrüder die
Parlamentswahl haushoch gewonnen haben. Die Generäle wollen auch in
der neuen Zeiten ihre Privilegien behalten. Sie erfinden ständig neue
Methoden, um Mursi auszubremsen. Der neu gewählte Präsident vertraut
auf den Druck der Straße, der ihm auch in den nächsten Monaten den
Weg ebnen soll. Doch die anfängliche Euphorie ist längst
verschwunden. Die Hoffnung, mit dem Ende der Mubarak-Ära würden
goldene Zeiten im einstigen Land der Pharaonen beginnen, hat sich
nicht erfüllt. Die Armut ist aus den übervölkerten Straßen der
Hauptstadt nicht verschwunden, die Müllberge sind immer noch so groß
wie früher. Mursi und die Moslembruderschaft müssen bald liefern,
wenn sie die einfachen Leute bei der Stange halten wollen. Morgen
macht sich Mursi auf den Weg nach Saudi-Arabien. Eine Geldspritze
wäre eine willkommene Hilfe.

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Klaus Gaßner
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