Wieder einmal sind die Deutschen schuld: Glaubt
man den Demonstranten auf Zypern, so ist es das deutsche Spardiktat,
dass für all das Übel verantwortlich ist. In den Südländern der
Euro-Zone sind Kanzlerin Merkel und ihr Finanzminister Schäuble zu
den großen Übeltätern geworden, weil sie sich gegen immer neue
Schulden stemmen. Trotz aller Hilfszusagen und aller Fonds – die
deutschen Politiker werden zum Sündenbock für die Fehler der
nationalen Regierungen. Lissabon, Madrid, Athen und jetzt Zypern: Der
Aufschrei der „kleinen Leute“ ist groß. Ihnen geht es ans Sparbuch
und an liebgewordene Pfründe. Dass sie, wie im Fall Zypern, dank
überzogener Zinsen über Gebühr profitierten, wird verdrängt. Für die
Inselbewohner geht es darum, den Besitzstand zu halten. Gewiss, ohne
die Entwicklung in Griechenland wäre die Inselrepublik nicht so tief
in die roten Zahlen gerutscht, aber ohne den übergroßen Bankensektor
wären die Probleme auf der Sonneninsel im Mittelmeer jetzt bei weitem
kleiner. Zypern wurde in den vergangenen Jahren zum Dorado für
russische Geldanleger. Dabei ging es nicht nur um schöne Zinsen,
sondern in so manchem Fall auch um Geldwäsche. Anstatt rechtzeitig
entgegenzusteuern, schaute die EU-Kommission in Brüssel viel zu lange
tatenlos zu, wie der Inselstaat von russischen Oligarchen missbraucht
wurde, um quasi durch die Hintertür einen Fuß auf Euro-Land zu
setzen. Die Reaktionen an den internationalen Börsen zeigen, wie
angespannt die Situation ist. Die Zypernkrise ist lösbar – aber sie
kann auch zu einem Flächenbrand werden.
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Klaus Gaßner
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