Das Unausweichliche ist mit kurzer Verzögerung
eingetreten. Kaum im Amt, hat Michael Braun mit seinem Rücktritt als
Senator für Justiz und Verbraucherschutz die rot- schwarze Koalition
vor ihrer ersten schweren Zerreißprobe bewahrt und die eigene Partei
vor dem Verdacht des Rückfalls in überwunden geglaubte alte
Stadtfilz-Zeiten. Für seinen Amtsverzicht gebührt Braun Respekt. Dass
die umstrittenen Notargeschäfte des Kurzzeit-Senators zumindest
zweifelhaft waren und er damit als oberster Verbraucherschützer
dieser Stadt nicht länger glaubwürdig war – daran kann indes kein
Zweifel bestehen. Gut für alle Beteiligten, dass die Affäre nicht zu
einer langen Hängepartie wurde. Dabei hat sich CDU-Landeschef und
Innensenator Frank Henkel einmal mehr als kluger Krisenmanager
bewährt. Er selbst war mit Treueschwüren eher zurückhaltend, die
Parteifreunde konnte er vom öffentlichen Getuschel über den
keineswegs allseits hoch geschätzten Zehlendorfer Kreischef abhalten.
Und schließlich bereitete er die unausweichliche Entscheidung so vor,
dass sie als eine des Betroffenen selbst erscheinen kann.
Gesichtswahrung heißt das im Krisenmanagement. Wer noch Zweifel an
Führungswillen und Führungskraft Frank Henkels gehabt haben sollte,
der ist eines Besseren belehrt worden. Nach politischer
Neupositionierung, Straffung und Verjüngung der Führungsgremien,
erfolgreichem Wahlkampf, überraschender Rückkehr an die Macht in
dieser Stadt und schließlich der geglückten Entschärfung der ersten
großen Krise ist Henkel der unbestritten starke Mann in der Berliner
CDU. Dabei ging es in den vergangenen Tagen um weit mehr als nur das
politische Schicksal eines ins Kreuzfeuer der Kritik geratenen
Senators. Zunehmend rückte die Frage in den Mittelpunkt, wie
glaubwürdig und damit erfolgreich Henkels Bemühungen um eine
runderneuerte Berliner CDU wirklich sind. Denn mit seinen
Verbindungen zu dubiosen Immobilienhändlern hat Michael Braun jene
fatalen Erinnerungen an die Verquickung von politischer Macht und
wirtschaftlichen Interessen wieder wachgerufen, für die die CDU seit
dem Bruch der großen Koalition 2001 stand und von der die Berliner in
den vergangenen zehn Jahren die Nase voll hatten. Kaum wieder mit an
der Macht, wäre die mühsam erarbeitete neue Glaubwürdigkeit der
einzig verbliebenen bürgerlichen Partei in Berlin schon wieder dahin
gewesen, hätte sie Braun im Amt gehalten. Der Fehlstart von Merkel,
Westerwelle und Seehofer im Bund muss für Frank Henkel Warnung genug
gewesen sein. Schwarz-Gelb hat ihm dramatisch vorgeführt, wie schnell
Vertrauen und guter Wille der ohnehin schrumpfenden bürgerlichen
Klientel verspielt werden kann. Henkel hat gehandelt. Wenn nun
endlich auch noch ein Polizeipräsident gefunden wird, die
SPD-Wissenschaftssenatorin und die CDU-Forschungssenatorin
einvernehmlich ihre jeweiligen Kompetenzen regeln, dann können die
Roten und die Schwarzen mit der Arbeit beginnen. Die heißt vorrangig:
Wirtschaft stärken, Jobs schaffen, Schulbildung verbessern. Es wird
Zeit. Berlin setzt große Hoffnungen in den Überraschungssenat aus SPD
und CDU.
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