FT: Taschenlampe nicht vergessen –

Schlaglöcher erinnern uns auf unbarmherzige Weise daran, dass wir für unser Leben selbst verantwortlich sind

Ein Kommentar von Eckard Gehm

Taschenlampe nicht vergessen –

Schlaglöcher erinnern uns auf unbarmherzige Weise daran, dass wir
für unser Leben selbst verantwortlich sind

Ein Kommentar von Eckard Gehm

Nicht gesehen? Pech gehabt. Auf diese schlichte Formel lässt sich
die Schlagloch-Misere dieser Tage bringen. Zwar verlangen Städte und
Kommunen, dass jeder Bürger seinen Bürgersteig vorschriftsmäßig räumt
und streut – die Ämter selbst entbinden sich aber gerne von
Haftungsansprüchen mit dem Vermerk, Verkehrsteilnehmer hätten kein
Grundrecht auf sichere Straßen. Daher wird Autofahrern mit ruinierten
Reifen oder Felgen nur selten Schadenersatz zugesprochen – es sei
denn, eine Verwaltung argumentiert so dumm wie die der Stadt Lübeck
oder hat nicht vor den Schlaglöchern gewarnt.

Bisher immer leer ausgegangen sind allerdings Radfahrer und
Fußgänger, die sich oft schwer verletzen. Wegen ihrer Härte sollten
zwei Urteile nicht unerwähnt bleiben. Eine Frau, die auf einer
Dorfstraße in ein fünf Zentimeter tiefes Schlagloch trat, stürzte und
sich das Handgelenk brach, erhielt kein Schmerzensgeld. Das
Landgericht Bonn urteilte: Durch die Benutzung einer Taschenlampe
hätte die Klägerin sich vor den Gefahren schützen können (Az.: 1 O
175/06). Stürzt gar ein Rennradfahrer, weil er durch ein drei
Zentimeter tiefes Schlagloch gefahren ist, gibt es für ihn nichts,
denn: Es oblag ihm, auf solche geringfügigen Unebenheiten im Boden zu
achten, so das Oberlandesgericht Braunschweig (Az.: 3 U 47/02).
Solche Urteile widersprechen natürlich unserem tief verinnerlichten
Anspruch auf Vollkaskoschutz in allen Lebenslagen – schließlich
zahlen wir Steuern -, verdeutlichen aber auch das eigentliche Problem
der Schlaglöcher: Sie erinnern uns auf unbarmherzige Weise daran,
dass wir für unser Leben selbst verantwortlich sind. Es mag
befreiender sein, jemandem hinterher die Schuld zu geben – erwachsen
ist es nicht. Also, Augen auf und die Taschenlampe nicht vergessen.

Pressekontakt:
Flensburger Tageblatt
Anette Asmussen
Telefon: 0461 808-1060
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