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Manchmal verschafft der Gang in die Opposition ja erstaunlichen
Erkenntnisgewinn. Die brandenburgischen Christdemokraten, vom
Ministerpräsidenten gerne als realitätsfremd verspottet, haben sich
seit ihrem Abschied vom Regierungsalltag allmählich jenen Themen der
Landespolitik angenähert, die aus unterschiedlichen Gründen
vernachlässigt wurden. Dazu gehört beispielsweise ihre neueste
Initiative, die nach dem Beispiel anderer Bundesländer Anstrengungen
für die Rückkehr abgewanderter Landeskinder verlangt. Diese
Erkenntnis kommt spät für eine Partei, die zehn Jahre den
Wirtschaftsminister des Landes stellte. Aber sie wird ja nicht allein
schon dadurch falsch, dass die Einsicht mit dem Verlust des
Dienstwagens zusammenfällt. Man kann sich darüber streiten, ob die
anderswo erfolgreich betriebenen Projekte zur Rückkehrer-Betreuung
überall greifen würden. In Sachsen wohl eher, denn sie basieren vor
allem auf der emotionalen Verbundenheit zur Heimatregion. Da aber hat
Brandenburg seine Schwächen. Denn in der offiziellen Darstellung wird
das Land gerne auf die preußischen Kerngebiete rund um Berlin-Potsdam
reduziert. Der brandenburgischen CDU immerhin scheint allmählich
aufzugeben, dass das Land nicht nur aus hauptstadtverwöhnten Regionen
besteht, in die der Aufschwung eingekehrt ist. Das Konzept vom
Stärken der Stärken hat sich für die Lausitz nicht ausgezahlt. Sie
wird damit – in Sachsen wie in Brandenburg – eher abgehängt als
mitgenommen. Sie braucht deswegen eine ganz andere Art der Förderung
als die erfolgsverwöhnte Gegend rund um den Wohnsitz des
Ministerpräsidenten. Da kann eine gezielte Ansprache all derer, die
mitsamt ihrer guten beruflichen Qualifikation gehen mussten, von
Hilfe sein. Aber wirklich greifen wie in Thüringen oder Mecklenburg
würden solche Initiativen auch nur, wenn endlich begriffen wird in
Potsdam, dass die Welt nicht nur aus den Niederungen der Havel
besteht und dass es jetzt nicht nur gemeinsamer Anstrengungen mit
Berlin, sondern auch mit Dresden bedarf. Denn alles spricht dagegen,
dass das inzwischen ökonomisch so weitgehend zerrissene Land den
abgehängten Regionen mit einer allgemeinen Imagekampagne auf die
Beine hilft. Wen man ins Havelland zurücklocken will, dem muss man
vor allem erklären, wie er mit all den vorlauten Berlinern
zurechtkommt, die dort inzwischen den Ton angeben. Wer wieder oder
auch zum ersten Mal einen Umzug in die Lausitz oder die Uckermark in
Erwägung zieht, steht vor ganz anderen Fragen. Insofern ist dem
CDU-Antrag zur Rückkehrerbetreuung, der ja ausdrücklich auf die
Heimatverbundenheit baut, eine intensive und ausführliche Beratung in
Potsdam zu wünschen.
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