Spitzenkandidaten streiten über Atompolitik und
Unterrichtsausfall
Die Wende in der Atompolitik kurz vor der Landtagswahl war
zentrales Thema der Elefantenrunde in Rheinland-Pfalz. Befeuert wurde
die Diskussion durch ein angebliches Zitat von Rainer Brüderle, nach
dem der Wirtschaftsminister zugegeben habe, dass das Aussetzen der
Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke aus wahltaktischen Gründen
geschehen sei. Herbert Mertin, Spitzenkandidat der FDP, verteidigte
den Landesvorsitzenden seiner Partei: Brüderle sei es durchaus ernst
damit, den Ausstieg zu beschleunigen. Deshalb habe er auch ein
Eckpunktepapier zum Bau schnellerer Stromleitungen vorgelegt.
Klöckner betonte, dass die Katastrophe in Japan unabhängig von
Wahlterminen zu einer Zeitenwende geführt habe. Amtsinhaber Kurt Beck
bezweifelt das: „Es geht um nichts anderes als um Wahlen.“ Eveline
Lemke warf Julia Klöckner vor, im Bundestag nicht für eine endgültige
Abschaltung der sieben alten Atomkraftwerke gestimmt zu haben. Für
einen sofortigen Ausstieg plädierte ausschließlich Tanja Krauth,
Spitzenkandidatin der Linken.
Heiß umkämpftes Thema war außerdem die Bildungspolitik. Die
Spitzenkandidatin der CDU, Julia Klöckner, forderte weniger
Unterrichtsausfall und bessere Vertretungsstunden: „Wir brauchen
Lehrpersonal das ordentlich angestellt ist und keine Aushilfskräfte.“
Beck verteidigte seine Schulpolitik vehement. Klöckner baue ein
„Horrorszenario“ auf, das nicht der Realität entspreche: „Der
strukturelle Unterrichtsausfall ist so niedrig, wie seit 25 Jahren
nicht mehr. Sie werden nie verhindern können, dass kurzfristig
Unterricht ausfällt, weil jemand krank wird.“ Für Herbert Mertin
(FDP) ist besonders wichtig, dass Eltern auch in Zukunft noch ein
Gymnasium für ihre Kinder wählen können. Die Spitzenkandidatin der
Linken, Tanja Krauth, plädierte dagegen für eine Gemeinschaftsschule,
um Kinder nicht schon nach der vierten Klasse zu selektieren. Lemke
(Grüne) sprach sich aus für ein „längeres gemeinsames Lernen, die
Einhaltung des Elternwillens und Integrierte Gesamtschulen dort, wo
die Eltern das auch wollen.“
Alle fünf Spitzenkandidaten sprachen sich für mehr
Bürgerbeteiligung im Land aus. Eine weitere Diskussion über den
Hochmoselübergang hielt Herbert Mertin (FDP) aber für sinnlos und
erklärte: „Das Verfahren ist dort korrekt abgelaufen. Ich kann solche
Verfahren doch nicht rückwirkend aushebeln.“ Bei den Planungen für
die Mittelrheinbrücke sollten die Bürger der Landkreise aber
abstimmen können. Hier forderte Eveline Lemke(Grüne)auch einen
Fährverkehr zur Diskussion zu stellen: „Da wollen die Bürger über den
Rhein, sie wollen das 24 Stunden, und sie wollen auch möglichst
nichts dafür bezahlen. Dafür gibt es die Möglichkeit, der
24-Stunden-Fährverkehr würde das möglich machen.“ Tanja Krauth von
den Linken sprach sich gegen beide Großprojekte im Land aus. Gerade
der Hochmoselübergang würde die Landschaft verunstalten. Konkrete
Koalitionsaussagen haben die Spitzenkandidaten von Rheinland-Pfalz in
der Elefantenrunde nicht getroffen.
„Die Wahl bei uns: Spitzenkandidaten im Endspurt“, live aus der
Alten Lokhalle in Mainz, am 24.03.2011, 20.15-21.15 Uhr im SWR
Fernsehen.
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