Sorgt die Hessische Landesregierung dafür, dass
Täter von Hassrede und Hasskommentaren im Netz konsequent bestraft
werden? Das wollte der Landtagsabgeordnete Stefan Müller (FDP) in
einer Kleinen Anfrage wissen. Nach monatelangem Warten liegen nun die
Antworten auf die Anfrage vor. Nach Meinung von Campact zeigen sie,
dass die Landesregierung das Thema zwar erkennt, aber viel zu wenig
dagegen unternimmt. Der aktuelle Verdacht gegen Frankfurter
Polizisten, die eine türkische Anwältin und ihr Kind mit
rassistischen Hassreden und Mord bedroht haben sollen, zeigt wie
schwerwiegend das Problem ist.
So wird das Themenfeld Hasskriminalität nach Auskunft von
Innenminister Peter Beuth (CDU) zwar als politische motivierte
Straftat behandelt und es gab von 2015 bis 2017 über 670 Anzeigen,
aber es kam nur zu sehr wenig Verurteilungen. 2017 gab es nur zwölf
Verurteilungen. Dabei wird aus der Campact-Studie zu Hate Speech
deutlich, dass jeder dritte Hesse und jede dritte Hessin bereits Hate
Speech erfahren haben. Klar ist: Polizei und Justiz unternehmen zu
wenig. „Die geringe Zahl der Verurteilungen zeigt, dass die
Strafverfolgung nicht konsequent umgesetzt wird. Verfahren verlaufen
sich im Sand und brauchen im Schnitt fast vier Monate
Bearbeitungszeit, wohingegen der Hass nur einen Mausklick braucht.
Die Verfahren müssen beschleunigt werden“, sagt Anna-Lena von
Hodenberg, Campaignerin bei Campact.
Nach Angaben aus dem Innenministerium erhalten Polizistinnen und
Polizisten den „Leitfaden für die Bekämpfung von Hass-Postings“ und
die Landesregierung fördert diverse Bildungs- und
Demokratie-Programme mit 1,2 Millionen Euro. Offensichtlich reicht
das jedoch nicht aus, denn Opfer wenden sich viel zu selten an
Polizei und Justiz. Der Vorwurf der Volksverhetzung und rassistisch
motivierter Morddrohungen gegen fünf Polizeibeamte in Frankfurt (NSU
2.0) belegt die Brisanz und beschädigt weiter das Vertrauen der Opfer
in die Polizei. Es ist jetzt zwingend notwendig, dass die Polizei
strukturellen Rassismus in ihren eigenen Reihen erkennt und bekämpft.
„Sie muss jetzt alles daran setzen, das Vertrauen wiederherzustellen.
Dafür brauchen wir gerade für Opfer von rassistisch motivierter
Hassrede auf jeder Polizeidienststelle jeweils einen speziell
geschulten Beauftragten oder Beauftragte gegen Hate Speech“, so von
Hodenberg. Außerdem ist eine enge Zusammenarbeit mit
Opferberatungsstellen gegen Hate Speech notwendig.
Im Oktober hatte Campact gemeinsam mit dem IDZ (Institut für
Demokratie und Zivilgesellschaft) eine repräsentative Studie zu
Hassrede in Hessen vorgestellt. Daraus geht hervor: Über die Hälfte
der Hessinnen und Hessen bekennen sich aus Angst vor Herabwürdigung
und Hass im Internet seltener zu ihrer politischen Meinung. Für die
Studie wurden über 1.200 Menschen in Hessen in repräsentativer
Zusammensetzung befragt. Damit wird Hassrede im Netz nach Meinung von
Campact immer stärker zu einer Gefahr für Meinungsbildung und
-freiheit. Die Untersuchung war bundes- und landesweit die erste
ihrer Art.
Campact fordert ein Maßnahmenpaket für die in Hessen laufenden
Koalitionsverhandlungen. Es fehlt u.a. an
Spezial-Staatsanwaltschaften und schulischer Fortbildung. Opfer
brauchen vereinfachte Klagemöglichkeiten, um vor Gericht nicht mehr
in Vorkasse gehen zu müssen.
Weitere Informationen: Die Anfrage der FDP und die Antworten der
Landesregierung darauf finden Sie hier:
http://starweb.hessen.de/cache/DRS/19/8/06628.pdf
Die Hate Speech-Studie finden Sie hier:
https://campact.org/studieHassimNetz
Hier die Zusammenfassung der Ergebnisse:
https://campact.org/HassimNetzKurz
Die Campact-Petition zum Thema haben bereits über 125.000 Menschen
unterzeichnet.https://www.campact.de/hate-speech/
Pressekontakt:
Svenja Koch, Campact-Pressesprecherin, Tel.: 04231 597 590 (auch
mobil), koch@campact.de
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