Der Berliner Staatsrechtler Ulrich Battis wirft der
schwarz-gelben Regierung eine „klare Missachtung des
Bundesverfassungsgerichts“ vor. Es sei ein „Armutszeugnis“, dass die
Koalition nicht zur Einhaltung der von Karlsruhe gesetzten Frist für
eine Wahlrechtsreform bis zum 30. Juni dieses Jahres imstande sei,
sagte Battis dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Freitagsausgabe).
„Technisch und inhaltlich betrachtet, hätte man längst eine
verfassungskonforme Lösung präsentieren können. Aber politisch
gesehen ist das Wahlrecht im Kern eine Machtfrage. Von den
Überhangmandaten profitieren die großen Parteien, die Kleinen nicht,
die einen wollen sie erhalten, die anderen abschaffen“, sagte Battis
weiter. Es gehe um Macht. „So einfach ist das“. Sollte die Koalition
auch in den kommenden Monaten nicht liefern, könne Karlsruhe auf
Antrag etwa der Grünen selbst ein neues Wahlrecht installieren: “ Ich
glaube allerdings nicht, dass sich die Richter darum reißen werden.“
Battis selbst sprach sich dafür aus, die umstrittenen
Überhangmandate beizubehalten, wenn gleichzeitig die anderen Parteien
Ausgleichsmandate dafür zugesprochen bekämen. Ein solches Konzept
befürwortet auch die SPD. „Damit würden alle direkt gewählten
Kandidaten im Bundestag sitzen, zugleich wären die kleineren Parteien
proportional angemessen im Parlament vertreten.“ Zwar würde der
Bundestag dadurch „um ein paar Sitze größer, aber das wäre zu
verkraften“.
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