Ab 1. Mai herrscht, Bulgarien und Rumänien
ausgenommen, volle Arbeitnehmerfreizügigkeit in der ganzen EU. Wer
will, kann sich dann in Deutschland für drei, vier oder fünf Euro pro
Stunde verdingen. Auch wenn der befürchtete Run auf den deutschen
Arbeitsmarkt wohl ausbleiben wird, ganz ohne Brüche in einzelnen
Regionen und Wirtschaftsbranchen wird das nicht abgehen. Vor allem
nicht im Osten und im grenznahen Raum. In seltener Einmütigkeit haben
Bundesagentur für Arbeit, Arbeitgeberverbände, Arbeitsministerin
Ursula von der Leyen (CDU) und Gewerkschaften die Zeitarbeitsbranche
als großes Einfallstor für kommendes Lohndumping ausgemacht. Denn mit
Zeitarbeitern aus den Nachbarstaaten können hiesige Firmen die
geltenden Tariflöhne besonders leicht umgehen. Diese Befürchtung
teilt bisher nur eine Partei nicht: die FDP. Ob sich die Ängste der
Menschen tatsächlich bewahrheiten, mag eine offene Frage sein. Aber
sie einfach als übertrieben abzutun, können sich vielleicht liberale
Ordnungspolitiker leisten, die entlang der prosperierenden
Rheinschiene oder im Südwesten der Republik leben. Niedrigverdiener
im grenznahen Raum ganz sicher nicht. Eine Frage zum Jahresanfang an
die (ostdeutsche) Kanzlerin Angela Merkel wird daher sein, ob sie dem
Herbst der Entscheidungen einen Januar der praktischen Vernunft
folgen lässt. Im laufenden Vermittlungsverfahren zur Hartz IV-Reform
verlangt die Opposition nämlich ein Entgegenkommen in der Frage der
Mindestlöhne. Diese Verhandlungen sind also die Gelegenheit,
vielleicht auch nur der willkommene Vorwand, um alte Standpunkte
endlich aufzuweichen. Zuerst bei der Zeitarbeit. Und dann generell.
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