Wenn Guido Westerwelle am Donnerstag beim
Dreikönigstreffen der FDP seine Rede beendet hat, wird sein Publikum
ihn begeistert feiern. Es bleibt ihm ja auch nichts übrig. Zum
Auftakt des Superwahljahres 2011 den Vorsitzenden zu demontieren und
durch einen, nun ja, Hoffnungsträger vom Format eines Rainer Brüderle
zu ersetzen – es wäre die politische Spielart eines Selbstmordes aus
Angst vor dem Tod. Also die Reihen fest geschlossen, heftig
geklatscht und auf ein Wunder gehofft. Das werden die Liberalen, die
in den Umfragen von einem Rekordtief ins nächste purzeln, nämlich
brauchen, um die sieben anstehenden Landtagswahlen einigermaßen
unbeschadet zu überstehen. Wenn es schiefgeht, dann war–s das für
Westerwelle – dann ist er neben dem Parteivorsitz auch den
Außenministerposten los. Um das Problem des Oberliberalen zu
verdeutlichen, hilft ein Vergleich mit seinem Vor-Vorgänger im
Auswärtigen Amt. Wie die grüne Gallionsfigur Joschka Fischer war
Westerwelle ein idealer und deshalb höchst erfolgreicher
Oppositionspolitiker – scharfzüngig, angriffslustig, omnipräsent in
den Medien. Aber einmal in bundespolitischer Regierungsverantwortung
angekommen ist Fischer, der ehemalige Straßenkämpfer und
Turnschuhminister, politisch erwachsen geworden. Hat sich als
lernfähig erwiesen – manche mögen sagen, bis an die Grenze zum
Opportunismus – und die Partei, deren Vorsitzender er nie war, dabei
weitgehend mitgenommen. Als sachkundiger, mitunter visionärer
Außenminister gewann er internationales Ansehen. Westerwelle dagegen,
mit dem Nachteil angetreten, ohne jede administrative Erfahrung ein
Bundesministerium leiten zu müssen, hat die Rolle des Oppositionellen
nie wirklich abgeschüttelt. Ihm ist es nicht gelungen, sich neu zu
erfinden – und Politik in Regierungsverantwortung als die Kunst des
Machbaren zu begreifen. Wer aber jeden Abstrich von der liberalen
Heilslehre als unerträgliche Niederlage empfindet, der braucht sich
nicht wundern, wenn die selbst empfundene Prinzipientreue in der
Bevölkerung als Sturheit ankommt. Und wer den Eindruck erweckt, sich
in der Welt parteitaktischer Spielchen allemal wohler zu fühlen als
im staatstragenden Amt des Außenministers, der muss eben mit dem Ruf
der Unseriosität leben. Große Klappe, nichts dahinter? Guido
Westerwelle hat nur noch wenig Zeit, um seinen Kritikern das
Gegenteil zu beweisen.
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