Es war der Wahlsieg in Baden-Württemberg mit dem
ersten grünen Ministerpräsidenten in der Bundesrepublik, der die
Ökopartei auf Wolke 7 schweben ließ. Zugegeben, die Umfragen danach
und der seit Jahrzehnten von den Grünen geforderte und nun Realität
werdende Atomausstieg konnten die Muskeln schon anschwellen lassen.
Dass Renate Künast sich bereits zu diesem Zeitpunkt ins Rote Rathaus
als Regierende Bürgermeisterin von Berlin einziehen sah, musste
ebenso wie die Seitenhiebe gegen Amtsinhaber Klaus Wowereit Wunden
hinterlassen. Da wurde das Fell des Bären bereits verteilt, bevor er
erlegt war. Was die Grünen in Berlin mit Künast an der Spitze zudem
völlig verkannt hatten: Ein Unterlegener kann nur schwer seine
Maximalforderungen durchsetzen. Dass Künast Rot-Grün letztlich
geopfert hat, indem sie sich in arroganter Weise mit der Festlegung
gegen den Ausbau der Stadtautobahn A 100 in eine ausweglose Situation
manövrierte und der SPD den schwarzen Peter zuschob – das hat auch
das Vertrauensverhältnis mit dem Regierenden beschädigt. Der
beleidigende Beweis folgte auf dem Fuß: „Kein Grüner wird das der SPD
vergessen“, motzte die Vorzeige-Grüne. Jetzt aber wird die Autobahn
doch gebaut. Und zwar durch Rot-Schwarz. Wowereit und
CDU-Fraktionschef Frank Henkel haben den Koalitionsvertrag ohne
lautes Getöse unter Dach und Fach gebracht. Renate Künast mag sich
wundern. Da funken zwei auf einer Wellenlänge, was in der Politik
nicht zum ersten Mal auch Parteischranken überwunden hat. Offenbar
hat Henkel dieses Vertrauen, trotz heftiger Kritik an Rot-Rot im
Abgeordnetenhaus, langfristig aufgebaut. Sachlich fundiert. Da
schließt sich der Bogen zum Nachbarland Brandenburg. Auch hier will
die CDU wieder in Regierungsverantwortung. Doch ist sie davon weiter
entfernt, als es sich zumindest die Parteispitze eingesteht. Niemand
erwartet von der CDU-Opposition im Landtag einen Kuschelkurs
gegenüber der Koalition von SPD-Regierungschef Matthias Platzeck.
Aber die allzu oft in persönliche Beleidigungen abgleitenden
Redebeiträge erzeugen seit einiger Zeit einen Berlin-Effekt. Wenn die
Parteispitzen nicht miteinander können, scheitert Zusammenarbeit.
Auch Renate Künast hat das in Berlin zu spüren bekommen. In
Brandenburg festigen die Christdemokraten mit ihrem Kurs allein
Rot-Rot.
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