Einer „echten Staatskrise nahe“ wäre das Land laut
SPD-Chef Sigmar Gabriel, wenn Christian Wulff als Bundespräsident
zurücktreten müsste. Gemach, gemach. Zunächst wäre der zweite
Rücktritt eines deutschen Staatsoberhauptes innerhalb von zwei Jahren
bloß eine Krise derjenigen, die die Vorauswahl treffen, im
Wesentlichen die Kanzlerin und ihre Koalitionspartner. Dann wäre es
eine Krise der SPD, die bei einer neuen Präsidentenwahl erneut keine
Mehrheit hätte. Das also sind zwei Krisen, die das Land sehr gut
aushalten kann, sind sie doch quasi Alltag. Allerdings gäbe es bei
einem Wulff-Rücktritt wohl tatsächlich eine breite gesellschaftliche
Debatte über die Frage, ob man das Amt des Bundespräsidenten
überhaupt noch braucht, und wenn ja, wozu. Eine solche Diskussion
freilich könnte sogar nützlich sein, würde sie doch die Motive wieder
in Erinnerung rufen, die die Väter und Mütter des Grundgesetzes
hatten, als sie den Posten schufen. Gabriel vergießt die Tränen, die
das Krokodil rausdrückt, wenn es gerade ein Opfer verspeist. In
Wahrheit ist ihm nämlich genau der jetzige Zustand der liebste: Ein
Staatsoberhaupt, das sich jederzeit vom Oppositionsführer auffordern
lassen muss, endlich zu einer angemessenen Amtsführung
zurückzukehren, und den andere Sozialdemokraten wie Sebastian Edathy
von Gabriel ungestraft als peinlich bezeichnen dürfen. Ein Präsident,
dem man den Autoritätsverlust täglich zeigt. Vielleicht ist genau
das die Staatskrise.
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