Die Jungsozialisten haben von der Mutterpartei SPD
ein „klares Profil“, verbunden mit einer ersichtlichen Revidierung
der Positionen zur Hartz-Reform, zum Afghanistan-Einsatz der
Bundeswehr und vor allem zur Einführung der Rente mit 67 verlangt.
Der Juso-Vorsitzende Sascha Vogt beklagte in einem Gespräch mit der
„Leipziger Volkszeitung“ (Donnerstag-Ausgabe) zudem nicht sehr
demokratische Entscheidungsprozesse in der SPD in jüngster Zeit: Es
sei „kein Wunder“, dass Union und FDP die Grünen und nicht die SPD
jetzt als Hauptgegner ausgemacht hätten. „Die haben die letzten Jahre
genutzt, um das eigene klare Profil zu schärfen.“ Zugleich rief Vogt
die SPD dazu auf, auch als Juniorpartner in eine von der Linkspartei
geführten Landesregierung, beispielsweise in Sachsen-Anhalt,
einzutreten.
Von der SPD-Führung erwarte er, dass der Erneuerungsprozess „mit
klaren Sachpositionen verbunden“ werde. „Da muss man das revidieren,
was unter SPD-Regierungsverantwortung angefangen wurde.“ Der SPD sei
„nicht mit schwammigen Begriffen geholfen“. Die Klarheit in der Sache
müsse betrieben werden, „auch um den Preis eines vorübergehenden
denkbaren Verlustes von zwei bis drei Prozentpunkten bei den
Umfragen“, verlangte Vogt. Entscheidend sei die klare
Entscheidungsmöglichkeit bei der nächsten Wahl und nicht ein
vorübergehender Umfragewert.
Zudem attackierte Vogt auch den amtierenden SPD-Vorsitzenden
Sigmar Gabriel, Generalsekretärin Andrea Nahles und den Chef der
Bundestagsfraktion, Frank-Walter Steinmeier, direkt. Die von Gabriel,
Nahles und Steinmeier „quasi im Alleingang“ durchgesetzte Forderung
nach Senkung der Sozialbeiträge bei einer SPD-Steuerreform bei der
jüngsten Klausurtagung der Parteispitze sei „von der Spitze
aufgeworfen worden, ohne dass auch nur ein Gremium darüber wirklich
abgestimmt hat“. Aus der vom SPD-Chef Gabriel immer wieder avisierten
größeren innerparteilichen Demokratie müsse sich auch für die
Führungsmitglieder „eine echte Chance auf Mitwirkung ergeben“,
verlangte Vogt. In der SPD sei es wichtig, „dass bei der Erarbeitung
von Politik mehr Leute nicht nur mitreden, sondern auch wirklich
mitentscheiden können“. Mehr innerparteiliche Demokratie dürfe sich
nicht nur auf die eine Frage nach dem nächsten Kanzlerkandidaten
reduzieren, mahnte Vogt.
Auch in der Sache liege die SPD-Spitze mit ihrer jüngsten
Festlegung nach Ansicht des Juso-Vorsitzenden bei der Steuerfrage
falsch. Die versprochene Senkung der Sozialbeiträge „ist zu teuer,
bringt zu wenig und wir müssen ehrlich sagen: auch wir können Geld
nur ein Mal ausgeben“. Vogt erinnerte an die bereits vereinbarten
SPD-Pläne zu verbesserter Bildung, zum Ausbau der Infrastruktur oder
zu den Verbesserungen bei der Hartz-IV-Reform. Das koste mindestens
70 bis 80 Milliarden Euro. „Wenn die SPD aber den Mut haben sollte,
zu sagen, wir erhöhen die Steuern um 100 Milliarden Euro, dann können
wir es so machen, wie es die Führung beschlossen hat“ sagte Vogt.
Andernfalls müsse man ehrlich zu den eigenen Prioritäten stehen, und
dabei stehe eben Bildung ganz oben.
Der Juso-Vorsitzende bemängelte angesichts der schlechten
Umfragewerte für seine Partei momentan, dass die SPD nicht richtig
erkennbar sei. Derzeit sei es doch so, „dass, wer SPD wählt, nicht
immer weiß, was er sich damit einhandelt, wofür die SPD also genau
steht“. Wenn man Klarheit in der Sache wolle, müsse man sich aber
auch mutig mit Interessengruppen anlegen. Für den Juso-Chef ist dabei
klar, dass in manchen Punkten der frühere Vizekanzler und jetzige
SPD-Fraktionschef im Bundestag, Frank-Walter Steinmeier,
„wahrscheinlich auch noch über einige Schatten wird springen müssen“.
Bei der noch vom früheren SPD-Vorsitzenden und Ex-Vizekanzler Franz
Müntefering verhandelten Rente mit 67 regte Vogt an, „weg von der
allgemeinen Altersgrenze, hin zu Regelungen mit Versicherungsjahren“
zu kommen. In der aktuellen Frage der Verlängerung des
Afghanistan-Mandats der Bundeswehr rief der Juso-Chef zum Nein der
SPD-Bundestagsfraktion auf. „Das ist ein Blankoscheck, dem man so
nicht zustimmen sollte. Es wird kein klarer Strategiewechsel und
keine verlässliche Ausstiegsstrategie angeboten.“
Vogt sieht die Linke als „heterogenes Gebilde“. In Hamburg stehe
die SPD vor einem großen Wahlerfolg. Man müsse aufpassen, dass sie
mit der folgenden Wahl in Sachsen-Anhalt nicht gleich wieder brutal
ernüchtert werde. „Vor Wahlen sollte es grundsätzlich keine
Vorfestlegungen für Koalitionen seitens der SPD geben. Es ist nicht
logisch, dass die SPD in Sachsen-Anhalt sagt, als stärkerer Partner
kann man sich mit der Linkspartei eine Koalition vorstellen, nicht
aber als Juniorpartner.“
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