Menschen mit Behinderungen – Selbstbestimmte Mobilität ist in Berlin noch nicht selbstverständlich

Anlässlich der heutigen Veröffentlichung des
Berichts „Selbstbestimmt unterwegs in Berlin? Mobilität von Menschen
mit Behinderungen aus menschenrechtlicher Perspektive“ erklärt
Valentin Aichele, Leiter der Monitoring-Stelle
UN-Behindertenrechtskonvention des Deutschen Instituts für
Menschenrechte:

„Selbstbestimmt mobil zu sein ist für Menschen mit Behinderung von
zentraler Bedeutung, denn Mobilität ist eine Voraussetzung für
Inklusion, Partizipation und gesellschaftliche Teilhabe. Berlin hat
seit der Verleihung des Access City Award 2013 wichtige Fortschritte
bei der Barrierefreiheit gemacht. Der derzeit im Abgeordnetenhaus
diskutierte Entwurf des Mobilitätsgesetzes zielt darauf ab, die
selbstbestimmte Mobilität von Menschen mit Behinderungen in Berlin zu
gewährleisten.

Diese Aufgabe ist jedoch komplex und von vielen Faktoren abhängig.
Um eine barrierefreie Reisekette von der Wohnungstür bis zum Zielort
zu ermöglichen, ist daher eine optimale Planung und Gestaltung des
öffentlichen Raums, des öffentlichen Verkehrs, des Individualverkehrs
sowie besonderer Beförderungsdienste dringend erforderlich. Bislang
fehlt ein umfassendes Konzept zur Mobilität von Menschen mit
Behinderungen, das Barrierefreiheit auf allen Ebenen der
Mobilitätsplanung verankert.

Ein solches Konzept sollte klare Ziele und Zeitvorgaben für alle
Sektoren der Verkehrsinfrastruktur formulieren und entsprechende
Ressourcen zuweisen. Vor diesem Hintergrund ist das vom Senat
angekündigte –Gesamtkonzept zur Mobilitätssicherung von Menschen mit
Behinderung– zu begrüßen. Das Vorhaben bietet die Chance, alle die
Mobilität betreffenden Bereiche aus den verschiedenen Perspektiven
von Menschen mit Behinderungen systematisch zu durchdenken und
künftige Vorhaben stärker an deren Bedürfnissen auszurichten.

Weiteren Handlungsbedarf sehen wir in folgenden Bereichen: Ein
zentrales Problem sind Störungen, beispielsweise defekte Aufzüge.
Werden im Störungsfall keine Ersatzlösungen bereitgestellt, bleibt
die U-Bahn-Station für einen Menschen im Rollstuhl unerreichbar. Für
diese Fälle müssen –angemessene Vorkehrungen– getroffen und im
Nahverkehrsplan vorgeschrieben werden.

Viele Barrieren entstehen durch unterschiedliche Zuständigkeiten
sowie Abstimmungs- und Umsetzungsprobleme. So ist beispielsweise für
die Barrierefreiheit der Busse die BVG zuständig, für die Vorgaben
zur Barrierefreiheit der Bushaltestellen das Land Berlin und für die
Umsetzung, etwa von Baumaßnahmen, die Bezirke. Hier ist es wichtig,
dass die Politik nicht nur die einzelnen Verkehrs- oder
Infrastrukturkomponenten in den Blick nimmt, sondern auch ihr
Zusammenwirken.

Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass die Bezirke, die
von der Landesregierung mit dem barrierefreien Umbau von Kreuzungen
und Gehwegen beauftragt und dafür finanziell gefördert werden,
faktisch nicht hinreichend in der Lage sind, die Pläne umzusetzen. Es
fehlt schlicht an einer angemessenen Personalausstattung der Straßen-
und Tiefbauämter, aber auch der Ordnungsämter.

Ein letzter Punkt: Die Landesebene sollte klar definieren, was
Barrierefreiheit ist beziehungsweise nicht ist. Unterschiedliche
Standards öffentlicher und privater Anbieter gehen zu Lasten der
Menschen mit Behinderungen.“

Die Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention betreibt die
unabhängige Umsetzungsbegleitung in Berlin seit 2012 als Projekt
unter dem Titel „Monitoring Stelle Berlin“ und wird dafür von der
Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales gefördert.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist mit dem Monitoring
der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention betraut worden und
hat hierfür die Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention
eingerichtet. Es hat gemäß der UN-Konvention (Artikel 33 Absatz 2
UN-BRK) den Auftrag, die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu
fördern, zu schützen und die Umsetzung der Konvention in Deutschland
zu überwachen. Die UN-Behindertenrechtskonvention ist seit 2009 in
Deutschland – und damit auch für die Länder – rechtsverbindlich.

WEITERE INFORMATIONEN

Meike Nieß / Valentin Aichele (2018): Selbstbestimmt unterwegs in
Berlin? Mobilität von Menschen mit Behinderungen aus
menschenrechtlicher Perspektive. http://ots.de/505SiO

Factsheet http://ots.de/BJkZDx

Weitere Informationen zur Monitoring-Stelle Berlin finden Sie
unter http://ots.de/JI2csc

Pressekontakt:
Bettina Hildebrand, Pressesprecherin
Telefon: 030 259 359-14 | Mobil: 0160 96 65 00 83
hildebrand@institut-fuer-menschenrechte.de
Twitter: @dimr_berlin

Original-Content von: Deutsches Institut für Menschenrechte, übermittelt durch news aktuell