Wieder ein Spitzenplatz für das bayerische
Schulsystem: Diesmal haben die Grundschüler bewiesen, dass sie
imLändervergleich die Besten im Lesen, Verstehen und Rechnen sind.
Fast ein Schuljahr sind sie Bremen und Berlin, den Schlusslichtern
der aktuellen Bildungsstudie, voraus. Dieses Ranking hat nur bedingt
mit der Intelligenz der Schüler zu tun. Es ist auch nicht
vordergründig mit dem Migrationshintergrund erklärbar. Es ist der
Tatsache geschuldet, dass Bildung Ländersache ist. Weil das
Grundgesetz hier Förderalismus vorsieht, unterliegt jeder Lehrplan,
aber auch die Qualität und Ausstattung der Schulen den politischen
Entscheidungen in den einzelnen Bundesländern. Und die Schüler müssen
ausbaden, dass man Bildung in Deutschland nicht auf einen Nenner
bringen will. Vergleicht man die Bildungsstudien der vergangenen
Jahre, dann zeigt sich die Ungerechtigkeit in den verschiedensten
Aspekten. Wird Wissen abgefragt, dann kann immer der Süden
Deutschlands punkten. Bayern, Baden-Württemberg oder Sachsen teilen
die Spitzenplätze unter sich auf. Geht es um Rahmenbedingungen, dann
haben auch mal andere die Nase vorne, wie jüngst im Bildungsmonitor,
wo Bayern wegen fehlender Ganztagesangebote die rote Laterne
zugewiesen wurde, weit hinter Berlin. Auch beim sogenannten
Akademisierungsgrad kann Bayern nicht mit anderen Bundesländern
mithalten. Während in Bayern nur jeder vierte Schüler die
Hochschulreife erwirbt, sind es in Berlin 39 Prozent! Spätestens hier
drängt sich die Frage auf, warum die Berliner Grundschüler schlechter
lesen, schreiben und rechnen können, aber am Ende in Scharen an die
Hochschulen drängen. Wie lässt sich das erklären? Der Verdacht liegt
nahe, dass es manche Bundesländer ihren Schülern leichter machen.
Bildungsdefizite werden durch leichtere Abiturprüfungen ausgeglichen.
In Bayern müssen sich die Schüler ihr Abitur am G8 dagegen hart
erkämpfen. Die Stofffülle ist seit der Einführung Streitthema
zwischen Kultusministerium, Lehrern und Eltern. Auch die Lehrpläne in
der Grundschule wurden inzwischen dem verkürzten achtjährigen Weg zum
Abitur angepasst und entsprechend vollgepackt. Doch, um auf die
aktuelle Studie zurückzukommen: Die Schüler in Bayern werden mehr
gefordert als Schüler in anderen Bundesländern, was sich dann in sehr
guten Ergebnissen bei einheitlichen Tests wiederspiegelt. Jedes
einzelne Bundesland wird seine eigenen Lehren aus dem Test ziehen. In
Bayern lässt sich aus der Kritik von Lehrerverbänden und Elternschaft
ablesen, in welche Richtung die nun folgende Diskussion geht. Auch
hierzulande sind die Herkunft und das Einkommen der Eltern ein
wichtiger Faktor für den schulischen Erfolg der Kinder.
Ausländerkinder würden nach wie vor ausgegrenzt und Schüler mit
Lernschwierigkeiten erhielten zuwenig Unterstützung, kritisiert etwa
der Bayerische Lehrerinnen- und Lehrerverband (BLLV) und fordert
deshalb für jede Klasse eine zusätzliche pädagogische Fachkraft. Aber
könnte man sich solche Länderanalysen nicht sparen, sondern gleich
ein einheitliches und verbindliches Schulsystem für ganz Deutschland
entwickeln? Ein Erfolgsrezept ließe sich aus den verschiedenen
Studien ablesen. Die bayerischen Lehrpläne, ein dichtes
Ganztagesangebot wie in Berlin, eine bessere Förderung für Kinder mit
Migrationshintergrund, eine angemessene finanzielle Ausstattung der
Schulen und die Abschaffung der Studiengebühren würden allen Schülern
Chancen eröffnen. Dass sich die Politik nicht darauf einigen will,
dient dem Machterhalt der Länder. Die Leidtragenden sind die Schüler.
Autorin: Isolde Stöcker-Gietl
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