Mittelbayerische Zeitung: Mittelbayerische Zeitung (Regensburg) zu Kroatien/EU

von Hanna Vauchelle, MZ

Die deutschen Behörden hatten sich zu früh gefreut. Mit Kroatiens
EU-Beitritt werde man dem mutmaßlichen Dissidenten-Mörder Josip
Perkovic habhaft werden, so lautete der Wunsch. Doch mit dem
Sondergesetz hat Kroatien die Hoffnungen zunichtegemacht und Zweifel
geschürt. Ist das Balkan-Land beitrittsreif gewesen? Fest steht: Eine
Vertrauensgemeinschaft kann so nicht funktionieren. Die EU ist nicht
nur eine Handelsgemeinschaft, sondern basiert in erster Linie auf
gemeinsamen Rechten, Pflichten und Werten. Das scheint man in Zagreb
nicht verstanden zu haben. Es ist unverfroren, dass ein rechtskräftig
verurteilter Auftraggeber von Mördern in einem EU-Mitgliedsstaat frei
herumlaufen kann. Wer wie Zagreb an den Werten der EU rüttelt,
untergräbt das Fundament der Union. Der Streit mit Zagreb dürfte ein
Vorgeschmack darauf sein, was mit der Einbindung der übrigen
Balkan-Länder noch auf die EU zukommt. Keiner der ex-jugoslawischen
Staaten hat sich bisher genügend mit der Vergangenheit
auseinandergesetzt. Hinzu kommt: Die von der EU eingeforderten
Rechtsnormen werden als Angriff auf die staatliche Souveränität
gesehen. Brüssel tut gut daran, den Druck auf Kroatien
aufrechtzuerhalten.

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