Die Bundeswehr-Führung hat nach Angaben aus
führenden Bundeswehr-Kreisen Einfluss auf die neue Studie des
Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr zur Lage der Frauen
in der Bundeswehr genommen mit dem Ziel, das Thema sexuelle Gewalt an
den Rand zu drängen. Das berichtet die in Halle erscheinende
„Mitteldeutsche Zeitung“ (Dienstag-Ausgabe). Die einschlägigen Fragen
seien zunächst im Entwurf des Fragebogens enthalten gewesen, heißt
es. Sie seien jedoch auf Anweisung des ehemaligen Inspekteurs der
Streitkräftebasis und stellvertretenden Generalinspekteurs Wolfram
Kühn gestrichen worden. Instituts-Geschäftsführer Ernst-Christoph
Meier sagte dazu, wer in dem Prozess der Erarbeitung der Studie
welche Rolle gespielt habe, sei „für Externe nicht relevant“. Das
Thema sei in der Studie jedenfalls erneut erfasst. In welcher Weise,
das wollte er aber nicht verraten, da sie noch nicht fertig sei. Er
ließ zudem offen, ob die Ergebnisse in absehbarer Zeit präsentiert
würden. Denn über die Veröffentlichung entscheide nicht das Institut
allein, sondern auch das Ministerium, so Meier. Und die Auswertung
und interne Diskussion innerhalb der Bundeswehr könne durchaus „ein
paar Monate“ dauern. Bei der ersten Studie über die Lage der Frauen
in der Bundeswehr von 2008 seien zwischen Fertigstellung und
Publikation immerhin drei Jahre vergangen. Der
SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels erklärte der
„Mitteldeutschen Zeitung“ daraufhin, die Bundeswehr sei wie jede
andere Armee der Welt aufgrund der Kasernierung „eine besondere
Institution. Und deshalb muss man auf das Thema ein besonderes
Augenmerk legen. Es gibt keinen Grund, es zu tabuisieren.“ Der
sicherheitspolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Omid
Nouripour, sagte dem Blatt: „Sollte Kühn in die Freiheit des
Sozialwissenschaftlichen Instituts eingegriffen haben, wäre das ein
Skandal. Und so lange keine neue Studie auf dem Tisch liegt, gelten
die alten Zahlen. Die sind gravierend.“ In der Studie von 2008 gaben
fünf Prozent der Frauen zu Protokoll, sexuelle Gewalt in der
Bundeswehr erlitten zu haben, 19 Prozent sprachen von sexuellen
Belästigungen und 58 Prozent von sexistischen Bemerkungen. Die Studie
rückte in den Fokus, nachdem eine 25-jährige Soldatin im
niedersächsischen Bückeburg brutal vergewaltigt worden war. Als ihr
Autor, der Wissenschaftliche Instituts-Direktor Gerhard Kümmel,
öffentlich auf die Zahlen verwies, wurde er von Meier öffentlich
korrigiert.
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