Neue OZ: Kommentar zu Bundestag / Datenschutz / Trojaner

Fatale Schieflage

Trojaner, das Wort ist derzeit in fast aller Munde. Die Software,
mit der sich Computer heimlich anzapfen lassen, hat eine hitzige
Diskussion über den Schnüffelstaat losgetreten. Dabei droht aus dem
Blick zu geraten, dass Sicherheitsbehörden in den seltensten Fällen
Absender von Spionage-Technik sind.

Wesentlich häufiger spähen Kriminelle private Rechner aus, um
Passwörter oder digitale Identitäten abzugreifen. Auch ausländische
Geheimdienste oder Militärs stecken immer öfter hinter
Cyber-Attacken. Die Spione haben es auf das Wissen deutscher
Unternehmen abgesehen, die Soldaten wollen im schlimmsten Fall
Industrieanlagen oder große Rechenzentren sabotieren. Insofern hat
die politische Debatte in Deutschland eine fatale Schieflage. Denn
sie vermittelt den Eindruck, die größte Bedrohung komme aus deutschen
Amtsstuben. Bei rund 100 Einsätzen von Überwachungssoftware auf
Grundlage von Gerichtsbeschlüssen in den vergangenen Jahren kann
davon keine Rede sein.

Die Gefahren durch Wirtschaftsspionage oder Cyber-Attacken werden
hingegen noch immer unterschätzt. Gerade mittelständische Betriebe
scheuen vielfach davor zurück, in den Schutz ihrer Netzwerke zu
investieren. Und auch der Staat hinkt hinterher. Anders als China,
Russland oder die USA verfügt Deutschland nicht über einen gehärteten
Schutzwall gegen digitale Attacken.

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