Neue OZ: Kommentar zu Italien / NS-Zeit / Justiz

Klares Fehlurteil

Es waren schreckliche Verbrechen, die deutsche Soldaten während
des Zweiten Weltkriegs in Italien verübten: Hunderte Unschuldige
wurden niedergemetzelt. Verständlich, dass die Opfer selbst nach
Jahrzehnten Gerechtigkeit fordern und die Mörder suchen. Ihnen dabei
ausschließlich finanzielle Interessen zu unterstellen wäre falsch.
Die meisten der Täter kehrten im Nachkriegsdeutschland in ein
bürgerliches Leben zurück, ohne sich jemals verantworten zu müssen.
Aber Mord verjährt nicht. Deshalb ist es wichtig, nach den
Verantwortlichen zu suchen, selbst jetzt noch.

Die deutsche Justiz hat alles dafür getan, um die Verbrechen
aufzuklären. Anders als in den ersten Jahren nach dem Krieg durften
die Täter jetzt nicht darauf hoffen, von Alt-Nazis in den Behörden
geschützt zu werden. Ein 93-jähriger Osnabrücker muss nun damit
leben, dass ihn ein italienisches Gericht an seinem Lebensabend für
eine Beteiligung am Massenmord zu lebenslanger Freiheitsstrafe
verurteilt hat, ohne seine tatsächliche Schuld bewiesen zu haben.

Dass der Rentner durch seinen Dienst in der verbrecherischen
Division „Hermann Göring“ moralische Schuld auf sich geladen hat, ist
nicht auszuschließen. Aber darüber urteilen weltliche Gerichte nicht.
Eine persönliche Tatbeteiligung ist ihm jedenfalls nicht
nachzuweisen. Nach deutschen Maßstäben endete der Prozess von Verona
deshalb mit einem Fehlurteil.

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