Neue OZ: Kommentar zu Parteien / Grüne / Wahlen / Künast

Abenteuer Großstadt

Sie hat es spannend gemacht. Elf Monate Anlauf brauchte Renate
Künast, bevor sie gestern Abend endlich sprang – in das Abenteuer
Großstadt, das für die Fraktionschefin der Grünen so abenteuerlich
nicht ist. Die Chancen für die 54-Jährige, im Stadtstaat Berlin
Deutschlands erste grüne Regierungschefin zu werden, stehen gut: Auf
bis zu 30 Prozent taxieren Umfragen die Grünen. Bei 27 Prozent liegt
die SPD mit ihrem Frontmann Klaus Wowereit. Die Probleme der
Hartz-IV-Hauptstadt haben den Chef im Roten Rathaus grau werden
lassen. Künast kann ihm sehr gefährlich werden. Sie hat
Regierungserfahrung, Berliner Schnauze, ist beliebt – und hinreichend
abgebrüht.

Ihre Kür hat sie so professionell inszeniert wie eine
Oskar-Preisverleihung. Pssst, sie macht es – das wispern schon seit
Wochen die Hauptstadt-Grünen. Künast schwieg eisern und hat sich
wegen ihrer Ziererei schon den Spitznamen „Grüne Prinzessin“
eingefangen. Vornehm wird es deshalb im Wahlkampf nicht zugehen:
Wowereit hat einen Ruf zu verteidigen. Man erinnere sich: Er galt als
SPD-Hoffnungsträger. Sein Machttrieb ist geweckt. Auch Renate Künast
gab schon einmal eine Kostprobe: Es gebe viele Menschen, „die über
Wowereits Satz „Berlin ist arm, aber sexy“ nicht lachen können“,
höhnte sie gestern und versprach einen Politikwechsel. Das Duell der
Alphatiere begann.

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