Neue Westfälische (Bielefeld): Israel droht mit Angriff auf den Iran Sprengkraft JOHANN VOLLMER

Alles oder nichts – das einst in die
diplomatische Mottenkiste verbannte Vabanque-Spiel ist die politische
Modeerscheinung der Saison. Egal an welchen Krisenherd der Welt man
schaut, selten waren die Aussichten auf Verhandlungslösungen so
vernebelt wie derzeit. Bereits vergessen sind die militärischen
Offenbarungseide im Irak und in Afghanistan. Seit dem aus Nato-Sicht
überzeugenden Sieg gegen Gaddafi hat das Säbelrasseln wieder
Konjunktur. „Liefern statt Labern“ ist die Devise der
wiedererstarkten Falken von Washington bis Jerusalem. Die
Überzeugung, dass die Welt von ihren Bösewichten zu befreien ist,
wenn man nur entschlossen handelt, verteilt sich wie eine süße
Versuchung auf den Kabinettstischen der westlichen Welt. Darf–s noch
einer mehr sein? Israel weiß sich also in sicherem Fahrwasser, wenn
es mal wieder mit einem „Präventivkrieg“ – dieses zeitlose Unwort
selbstgerechter Konfrontationspolitik – droht. Regierungschef
Benjamin Netanjahu und Präsident Shimon Perez blasen zur Attacke auf
die Atomanlagen von Mahmud Ahmadinedschad, den Irren von Teheran, der
laut internen Informationen ein halbes Jahr vor der Entwicklung der
Atombombe stehen soll. Dass er zum Austausch für den israelischen
Soldaten Gilat Schalit tausend inhaftierte Hamas-Anhänger freiließ,
macht Netanjahu innenpolitisch nicht unangreifbar. Seit Tagen treffen
wieder selbstgebastelte Raketen aus dem Gazastreifen israelischen
Boden. Das ist Wasser auf die Mühlen derer, die Israel nur mit einer
Politik der harten Hand eine Überlebenschance geben. Ein Angriff auf
den Iran aber hätte eine unabsehbare Sprengkraft für die Welt. Israel
wird nicht umhinkommen, die Vorwürfe öffentlich zu belegen. Wage
Geheimdienstinformationen über Massenvernichtungswaffen haben
spätestens seit dem Irakkrieg ein Glaubwürdigkeitsproblem.

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