Kein Mensch wird gezwungen, eine Doktorarbeit zu
schreiben. Es gibt begnadete Mediziner, brillante Juristen,
wirkungsvolle Unternehmer und akzeptable Politiker ohne Promotion.
Das heißt: Ein Doktorhut ist allemal weniger ein Garant für Aufstieg
und Erfolg denn innere Noblesse oder auch nur blaublütige Abstammung.
Karl-Theodor zu Guttenberg ist ein über die Maßen beliebter Politiker
und von Adel zudem. Er hat erfolgreich am Image eines Machers
gebastelt. Bisweilen skrupellos hat der Doktor der Jurisprudenz
vermeintlich Verantwortliche kurzerhand rausgeworfen, auch wenn der
Vorwurf noch längst nicht durch einen Schuldnachweis erhärtet werden
konnte. Erinnert sei an den Fall Kundus: Guttenberg entließ den
Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, und
Staatssekretär Peter Wichert. Nach demselben Muster agierte der
Bundesverteidigungsminister bei der Affäre um die Vorgänge auf der
Gorch Fock; kurzerhand setzte er deren Kommandanten, Kapitän Norbert
Schatz, ab. Juristisch sei dies zumindest fragwürdig – sagen
Juristen. Plagiate sind ehrenrührig und passieren trotzdem. Nicht
alle werden justiziabel, sonst säße in Zeiten des schnellen Zugriffs
via Internet auf anderer Leute Leistung die halbe Nation auf der
Anklagebank. Auch Journalisten. Lipper wissen über die
strafrechtliche Relevanz von Plagiaten in Doktorarbeiten bestens
Bescheid seit der Affäre um den Landesverbandsvorsteher Andreas
Kasper. Der verlor sein Amt, weil er es schlicht zu dick getrieben
hatte in seinen Veröffentlichungen. So hart die Vorwürfe gegen
Guttenberg sind, sie müssen von den zuständigen Gremien der
Juristenzunft erhärtet werden. Was derzeit vorliegt, spricht wenig zu
Guttenbergs Gunsten. Ob er aber das dem Vorurteil folgende Urteil
abwarten sollte, ist fraglich. Adel verpflichtet.
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