Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Landtagswahlen
Es bleibt spannend
ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Selten war die Gemengelage vor einer
Landtagswahl so schwierig und so spannend wie vor der
Baden-Württemberg-Wahl. Selbst erfahrene Meinungsforscher wagen keine
Prognose. In Sachsen-Anhalt hat das Kernenergie-thema keine
entscheidende Rolle gespielt – das könnte in Baden-Württemberg schon
ganz anders sein. Sachsen-Anhalt zeigt aber eine Tendenz: Die
Kehrtwende in der Atompolitik schadet vor allem der FDP. Den
Liberalen nimmt man den Sinneswandel am wenigsten ab. Auch die Linke,
der in der Energiepolitik und auch in Sachen Krisenbewältigung kaum
Kompetenz zugebilligt wird, bekommt Probleme. Dass sie als
zweitstärkste Kraft in Magdeburg durchs Ziel ging, übertüncht ihre
herben Verluste. Gegenüber der Bundestagswahl hat sie 155.000 Stimmen
verloren. Die CDU kann aus Sachsen-Anhalt aber auch nur wenig Honig
saugen. Die Verluste sind nicht ganz so schlimm ausgefallen wie
erwartet. Dass als Rückenwind für Baden-Württemberg zu bezeichnen ist
platter Zweckoptimismus hoch zehn. Der abrupte Schwenk in der
Energiedebatte führt die Christdemokraten keineswegs automatisch auf
die Siegerstraße. Über das allgegenwärtige Thema Atomausstieg dürfen
sich uneingeschränkt nur die Grünen freuen. Schwarz und Gelb wollen
in der letzten Woche in Baden-Württemberg vor allem mit einer
Roten-Socken-Kampagne mobilisieren; beschworen wird das
Schreckgespenst Rot-Rot-Grün. Da die Linke laut allen Umfragen im
Südwesten gar nicht über die Fünf-Prozent-Hürde kommen wird, kämpfen
CDU und FDP damit vor allem gegen einen Pappkameraden. Eigene
Glaubwürdigkeit gewinnt man so nicht. Falls Schwarz-Gelb in
Baden-Württemberg durchfällt, scheint ein Ergebnis jetzt schon
sicher: Die FDP wird sich einen neuen Vorsitzenden suchen müssen.

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