Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Verteidigungsminister in Afghanistan
Peinlicher Auftritt
THOMAS SEIM

Der Bundesverteidigungsminister ist mal wieder
in Afghanistan. Das ist richtig, weil die Soldaten dort einen
schwierigen Job machen. Ganz gleich, ob man diesen Einsatz für
legitim hält oder skeptisch ist: Es ist ein richtiges und nötiges
Signal, dass Karl Theodor zu Guttenberg die Soldaten der Solidarität
ihrer politischen Führung versichert. Und zwar vor Ort. Der
Bundesverteidigungsminister hat seine Ehefrau mitgenommen. Das ist
ungewöhnlich, aber in Ordnung. Bislang war nur einmal eine
Ehepartnerin mit, die Frau des zurückgetretenen Bundespräsidenten
Horst Köhler. Aber Frau zu Guttenberg hat stets Wert darauf gelegt,
an der Seite ihres Mannes für eine bestimmte Politik zu werben. Sie
hat dazu sogar – wenn auch nicht unumstritten – per TV Jagd auf
Sexualstraftäter gemacht. Das ist ungewöhnlich, vielleicht auch an
der Grenze eines intakten politischen Geschmacks, aber es ist wohl
zulässig. Der Bundesverteidigungsminister hat sich einen
Gesprächspartner mit nach Afghanistan genommen, der ihm vor Soldaten
bestimmte Fragen stellen durfte. Es handelt sich hier nicht um einen
Journalisten, sondern um einen Show- oder Talkmaster. Trotzdem wird
die Frage gestattet sein, was eigentlich die Soldaten darüber denken,
dass sie hier als Publikum für eine öffentliche Inszenierung
missbraucht werden, die vor allem einem Ergebnis dient: Den
Bundesverteidigungsminister und seine Frau möglichst gut aussehen zu
lassen. Man hatte gehofft, dass Karl Theodor zu Guttenberg nach
seinem schon kritikwürdigen Auftritt als Wirtschaftsminister am New
Yorker Times Square inzwischen trittsicherer geworden sei und solche
Peinlichkeiten meide. Dies scheint sich als Trugschluss zu erweisen.
Das ist wirklich schade. Denn es widerlegt die hoffnungsvolle These,
zu Guttenberg sei ein außergewöhnliches politisches Talent.

Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de