Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Maulkorb-Reform verschoben Angriff auf den Souverän BERNHARD HÄNEL

Die umstrittene Reform des Rederechts von
Abgeordneten im Bundestag wird verschoben. Aus Angst vor den Piraten?
Weil bedeutende Wahlen anstehen? Oder gar aus Achtung vor dem
Souverän? Die Gründe können einem nicht komplett egal sein, denn der
geplante Maulkorb für Abweichler gehört zum Dümmsten, womit sich die
Politik in Berlin in letzter Zeit beschäftigte. Abgeordnete „sind
Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden
und nur ihrem Gewissen unterworfen“, heißt es im Grundgesetz. Ein
idealistischer Ansatz, der im parlamentarischen Alltag ständig unter
die Räder gerät. Meist aus pragmatischen Gründen. Wenn jeder der 620
Abgeordneten einfach so daherreden könnte, brauchte eine
Mehrheitsfindung Ewigkeiten. Daher ist eine beschränkende Ordnung
notwendig. Sie darf aber nicht dazu führen, dass der Souverän nicht
mehr erkennen kann, welcher Vernunft sein Abgeordneter bei der
Abstimmung folgt. Insbesondere gilt das für sogenannte Abweichler.
Ein Parlament muss ihnen Möglichkeiten einräumen, ihrem
Verfassungsauftrag gerecht zu werden, nur ihrem Gewissen folgende
Entscheidungen zu treffen und dies auch zu begründen. Das Recht
darauf einzuschränken ist ein Angriff auf den Souverän. Also auf den
Bürger.

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