Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Protest der Bankenkritiker Globaler Geist FLORIAN PFITZNER

Mit der Protestwelle brandet in Deutschland die
Erkenntnis auf, dass die Zeit reif ist, den Blick für globale
Prozesse zu schärfen. Obwohl das Sozialsystem hier noch funktioniert,
bilden sich auch bei uns Gruppen, die den Finanzwirtschaftlern die
Stirn bieten und zu Tausenden auf die Straße ziehen, um ihre Empörung
auszudrücken. Es waren mehr als die üblichen Verdächtigen – Linke,
Autono-me, Gewerkschaftsjugend -, die da die Welt verbessern wollen.
Unter die Unzufriedenen reihten sich auch Menschen, die rein optisch
selbst im Kundendienst eines Kreditinstituts arbeiten könnten. Der
„Wutbürger“ hingegen blieb zu Hause in der guten Stube. Der Typus des
„Stuttgart 21“-Demonstranten, des Antilärmprotestlers und
Windmühlengegners sieht sich nicht als Ankläger einer unfairen
Weltfinanzordnung; sie alle sind schlichte „Nimbys“. Nimby steht als
Kurzform für „Not in my backyard“, nicht in meinem Hinterhof. Im
Grunde finden sie Schienenverkehr prima, aber nicht unterirdisch im
Durchgangsbahnhof. Windkraft? Gern, aber bitte ein Dorf weiter.
Globale Themen sind da nebensächlich. Jenseits der Provinzpossen
stuft nun ein breites Gesellschaftsbündnis aller sozialen Schichten
die internationalen Finanzmächte moralisch herab – und die
Adressaten, die Global Player, scheinen beeindruckt. Auch wenn die
Lebensumstände kaum vergleichbar sind, gründen die deutschen
Aktivisten ihre Zuversicht auf die Bewegungen in Madrid und New York.
Wer die Keimzelle des sozialen und politischen Protests allerdings in
den USA wähnt, irrt. Vielmehr war es das kanadische Magazin
Adbusters, das zu „Occupy Wall Street“ aufgerufen und dabei die
Besetzung des Tahrir-Platzes in Kairo als Vorbild genannt hatte. Es
sind also die Impulse des „Arabischen Frühlings“, die auf den Westen
übergreifen. Das Jahr 2011 könnte eine weltweite Zeitenwende
einleiten.

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