Alle reden vom Sterben und vom Tod. In den
Medien wird in diesen Tagen vor dem Toten- und Ewigkeitssonntag über
kaum ein Thema mehr geschrieben als darüber: Themenwoche,
Schwerpunkthefte, Bücher, Sondersendungen und auch die Politik
beschäftigen sich mit den letzten Fragen des Lebens. Sterbehilfe,
Organspende, Hospizbewegung, Friedhofskultur, Umgang mit Verlust und
Trauer, um nur einen kleinen Ausschnitt zu nennen. Das ist gut und
sinnvoll. Denn je intensiver wir Menschen uns zu Lebzeiten mit
unserem unausweichlichen Ende auseinandersetzen, desto größer sind
die Chancen auf ein gelingendes Ende. Natürlich kann niemand das
Sterben üben, aber die Vorbereitungen darauf werfen keinen Schatten
des Todes auf das Leben, sondern Licht auf den Tod. Nur vor dem
Hintergrund des Todes kann Leben sinnvoll gestaltet werden – weil
Entscheidungen und Verhalten nicht unendlich korrigierbar, sondern
durch die menschliche Endlichkeit endgültig sind. Genuss wird
wertvoller, Leid erträglicher. Wir Menschen müssen entscheiden, WIE
wir leben, was wir machen und was wir lassen wollen. Wir müssen die
Zeit nutzen. Heute, morgen, immer. Am Sonntag ist Toten- und
Ewigkeitssonntag, Anlass sich mit den letzten und vielleicht
wichtigsten Dingen des Lebens zu beschäftigen. Er rückt die
christliche Jenseitshoffnung in den Mittelpunkt der Gedanken. Das
Neue Testament sieht mit dem Tod nicht alles als beendet an. Wenn man
so will, fängt nach christlicher Vorstellung dann erst das
eigentliche, schöne Leben an, weil der Mensch bei Gott, seinem
Schöpfer ankommt und geborgen ist. Andere Religionen, Lehren und
Ansätze gehen anders mit dem Thema um. Gemeinsam ist allen
Überlegungen, dass sie Trost spenden angesichts des Todes-Schreckens.
Denn Sterben ist nicht schönzureden. Und da muss jeder Mensch die ihm
gemäße Art finden, mit dem Tod umzugehen oder um einen lieben
Menschen zu trauern. Das geht nur in der Auseinandersetzung. Einigen
Menschen kann selbst das Leiden und Sterben eines nahen Angehörigen
helfen und im besten Fall sogar ein wenig irdischen Sinn entwickeln.
Auch wenn der Schmerz über den Verlust wohl den Rest des Lebens
anhalten und immer eine Leerstelle bleiben wird. Diese Übung wird
aber immer schwieriger, weil Sterben und Tod ausgelagert worden sind:
in Heime, Krankenhäuser, Hospize. Gleichzeitig will die Mehrheit der
Deutschen (66%) aber zu Hause sterben. Das ist schwer möglich, weil
das Alter häufig Einsamkeit bedeutet und die durchökonomisierte Welt
den Angehörigen keine Möglichkeit bietet, sich um die Sterbenden zu
kümmern. Die Angst des Einzelnen vor der Auseinandersetzung mit dem
Tod kommt hinzu. Doch es gibt viele Berichte von Pflegenden, die in
der Pflege Gewinn erfahren haben. Eine gewagte These: Vielleicht hat
die mangelnde Auseinandersetzung mit dem Tod dazu geführt, dass immer
mehr Menschen in der westlichen Zivilisation der Sinn im Leben
verloren gegangen ist.
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