Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Urteil gegen Bradley Manning Abschreckungsjustiz DIRK HAUTKAPP, WASHINGTON

Die zweite Chance, die Amerika jedem gewährt,
der gefehlt hat und Reue zeigt, wird im Fall Bradley Manning zur
Farce. 35 Jahre Haft zeugen von einer Unwucht im System. Was die
Anklage forderte, entstammt Robespierre–scher Verfolgungslust.
Begnadigung? Zum heutigen Zeitpunkt reine Spekulation. Manning hat
Gesetze gebrochen – ja, doch – und verdient dafür Strafe. Aber warum
wurde sein Ansinnen, Unrecht sichtbar zu machen, ausgeblendet?
Manning hat der Welt den Blick geweitet für die Hybris der Supermacht
USA. Preiswürdig. Von Anfang an war die Stellvertreterfunktion des
Militärtribunals unverkennbar. Nach Manning soll nie wieder jemand
auf die Idee kommen, Staatsgeheimnisse auszuplaudern. Obama gab der
Strategie seinen Segen. Die Abschreckungsjustiz ist gescheitert.
Snowden ist nur der Anfang. Unter den zwei Millionen
Geheimnisträgern, die der Anti-Terror-Kampf hervorgebracht hat,
experimentieren bereits heute die Mannings und Snowdens von morgen.
Sie werden die Diktatur der Verschlusssachen bekämpfen. Damit aus
Demokratien keine Geheimniskrämereien werden.

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