Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR zum Thema
Mehr Schutz der Persönlichkeit im Internet
Hammer und Netz
WOLFGANG MULKE, BERLIN

Mit einem Hammer kann ein Nagel in die Wand
geschlagen, aber auch der Nachbar ins Jenseits befördert werden. So
ist es mit vielen Werkzeugen. Als Mordwaffe taugt das Internet zwar
nicht. Doch neben Chancen bietet es eben auch jede Menge
Möglichkeiten, durch Datenmissbrauch anderen Schaden zuzufügen. Der
Bundesinnenminister will dem nun durch schärfere Gesetze Rechnung
tragen. Doch die Vorschläge gehen aus Sorge vor einer Einschränkung
der Wirtschaft nicht sehr weit. Es geht im Netz nicht um körperliche
Bedrängnis, sondern um die Ausnutzung vorhandener persönlicher Daten.
Wer über genügend Informationen verfügt, kann damit gute Geschäfte
auf Kosten Dritter machen. War es gestern noch undenkbar, einen
Fremden am Nachbartisch im Café zu identifizieren, ist es heute per
Klick mit dem Handy schon möglich. Die Grenze zwischen
wünschenswerten Angeboten und zweifelhaften Offerten ist schwer zu
ziehen, wie auch Googles Stadtansichten zeigen. Einerseits sind die
Panoramaaufnahmen hilfreich, zum Beispiel bei der Wohnungssuche oder
der Urlaubsplanung. Andererseits werden vielleicht Informationen über
einzelne Bürger preisgegeben, die allein nutzlos, zusammen mit
anderen Daten aber ein genaues Bild ergeben. Die Videos von
Mobbingopfern unter Schülern im Internet zeigen auch die dunkle Seite
der Freiheit. Der Ansatz des Innenministers ist richtig. Wer
Persönlichkeitsrechte verletzt, muss dafür spürbar zur Kasse gebeten
werden. Die unbegrenzte Datensammelei will er hingegen nicht
einschränken. Dabei eröffnen Speichern und Vernetzen erst die
Möglichkeit des Missbrauchs. Da wäre mehr Mut angezeigt. Allerdings
wird die Wirkung bei vielen nationalen Gesetzen rund um das Internet
gering bleiben, solange die verbotenen Handlungen jenseits der
Staatsgrenzen erlaubt sind.

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