Etwa eine Million Schützen in
Nordrhein-Westfalen sind stinksauer. Anlass ist eine neue
„Schießstandrichtlinie“, die Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich
(CDU) erlassen hat. Danach dürfen die prächtigen hölzernen Vögel, auf
die die Schützen mit einer jahrhundertealten Tradition schießen, in
Zukunft nicht mehr 15 sondern nur noch 8 Zentimeter dick sein. Dies
berichtet die in Bielefeld erscheinende Neue Westfälische
(Dienstagausgabe).
Das sogenannte Vogel- oder Adlerschießen stellt für die
Schützenvereine den jährlichen Höhepunkt ihrer Festivitäten dar.
Häufig waren 500 bis 600 Schüsse notwendig, bis der „Adler“ in Fetzen
flog. In Zukunft könnte diese aber schnell abfallen. Denn die neue
Schießstandrichtlinie, die 113 Seiten umfasst und bereits im
Bundesanzeiger veröffentlicht ist, enthält die Vorgabe, dass die
Schützen-Vögel „beim Beschuss mit Feuerwaffen“ aus „astfreiem
Weichholz (Tanne, Fichte, Pappel oder Balsa) bestehen müssen und eine
„maximal zulässige Dicke“ von nur noch 80 Millimeter haben dürfen.
„Das ist totaler Unsinn“, glaubt nicht nur Rudolf Keupen,
Brudermeister der St. Johannes Schützenbruderschaft Salzkotten. Er
fürchtet „ein völlig anderes“ , nämlich viel kürzeres Schießen. „Der
dünne Vogel fällt doch sofort runter“, sagt Gerhard Wax,
Schießoffizier beim Paderborner Bürgerschützenverein, der mehr als
4.200 Mitglieder hat. Das Bundesinnenministerium argumentiert
hingegen, Schießsachverständige hätten „wiederholt festgestellt“,
dass Schützen-Vögel mit 150 Millimeter Materialstärke „zu
sicherheitstechnischen Problemen führen“. Vor allem „die Gefahr, dass
Kugeln abprallen“, sei bei einem dicken Korpus gegeben, betonte ein
Sprecher.
Die neue Richtlinie sorgt auch schon für politischen Zank. Aus dem
großen Schützen-Adler werde nun „bestenfalls eine Amsel“, tadelt der
Paderborner CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Linnemann den Erlass.
Er hat Bundesinnenminister Friedrich (CSU) angeschrieben und ihn zur
Rücknahme aufgefordert. Der rheinische und der westfälische
Schützenbund sowie der Bund Historischer Schützenbruderschaften
wollen in Berlin gegen die neue Richtlinie mobil machen.
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