Neues Deutschland: Die LINKE nach NRW: Offenes Herz

Wäre es eigentlich schlimm, wenn sich für den
LINKE-Vorsitz zwei Kandidaten bewerben? Wäre es schlimm, wenn diese
Kandidaten in öffentlicher, für Parteibasis und interessiertes
Publikum erlebbarer Debatte für ihre Konzepte kämpfen? Nein, es wäre
nicht schlimm – es wäre eine Selbstverständlichkeit für eine Partei,
die sich mehr und direkte Demokratie auf ihre Fahnen geschrieben hat.
Die LINKE demonstriert gerade das Gegenteil. Ein lange aufgestauter
Streit über Personal und Perspektive bricht sich Bahn, der schon am
Tag eins nach der NRW-Wahl an scharfen Tönen nichts vermissen lässt.
Was ein halbes Jahr lang offiziell nicht gestattet war – nämlich
darüber zu reden, wer die Partei in welche Richtung führen wird, wie
das Programm in praktische Politik umgesetzt wird -, das soll nun im
Schweinsgalopp nachgeholt werden. Zeit für Argumente bleibt in den
zweieinhalb Wochen bis zum Parteitag kaum; der Streit dürfte in
Vorwürfen und Vorbehalten stecken bleiben. Man hat den Eindruck, dass
zwei miserable Wahlergebnisse benutzt werden, um alte Rechnungen zu
begleichen. Zu beschönigen gibt es für die LINKE nichts mehr. Sie
operiert am offenen Herzen. Keine angenehme Bilanz fast fünf Jahre
nach der Parteigründung. Die Verantwortung dafür liegt längst nicht
nur bei vermeintlichen oder wirklichen Quertreibern, sondern
entscheidend auch beim bisherigen Vorstand. Eine moderne, aufgeklärte
Partei würde über die Ursachen der Krise offen und fair diskutieren,
statt vor allem auf ein Zeichen aus Saarbrücken zu warten.

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