neues deutschland: Kommentar zum Brexit-Deal: The winner is: Boris Johnson

Nicht wenige hätten es dem britischen Premier
gegönnt: dass er mit seinen Brexit-Vorschlägen bei der EU abermals
abblitzt und damit eine weitere Schlappe erleidet. Auch in Brüssel
selbst hatten viele die Messer gewetzt, in der EU-Kommission ebenso
wie in Rat und Europaparlament. Die Arroganz eines Boris Johnson
wollte man nicht durchgehen lassen. Und nicht ganz nebenbei den
Briten eine Lehre erteilen, die es gewagt hatten, der EU den Rücken
zu kehren. Schließlich sollte das nicht Schule machen. Bis heute
allerdings haben die EU und ihre Mitgliedsstaaten keine Konsequenzen
aus dem »Leave«-Referendum gezogen. Diejenigen, für die Sozialpolitik
fünftes Rad am Wagen ist und Stärkung europäischer Demokratie
Nebensache, der Ausbau der Festung Europa dagegen umso wichtiger,
sollten sich nicht über die Agonie der »europäischen Idee« wundern.
Trotzdem ist selbst ein schlechter Deal besser als ein ungeregelter
Brexit. Wirtschaftliche und politische Verwerfungen können so
begrenzt werden. Vor allem würden die Menschen auf der irischen Insel
vor neuen Grenzen verschont bleiben, die den alten und blutigen
Nordirlandkonflikt wieder aufflammen lassen könnten. Ob die Einigung
am Sonnabend im britischen Unterhaus Bestand haben wird, bleibt
freilich offen. So oder so: Boris Johnson wird auf jeden Fall
profitieren. Er wird sich entweder als Sieger über die Brüsseler
Eurokraten oder als ihr Opfer darstellen – oder eben seines
heimischen Parlaments.

Pressekontakt:
neues deutschland
Redaktion

Telefon: 030/2978-1722

Original-Content von: neues deutschland, übermittelt durch news aktuell