neues deutschland: Solidarität?

Unbürokratische Finanzhilfen verspricht die
Bundeskanzlerin den Hochwasseropfern. Die Botschaft: Man ist
solidarisch, wenn es die Nachbarn trifft. Abgesehen vom eher
bescheidenen Budget der geplanten Hilfe ist es mit der Solidarität
beim Hochwasserschutz nicht gar so weit her. Katastrophenschutz ist
Ländersache. Und da herrscht das Sankt-Florians-Prinzip (Lieber Gott,
mach, dass mein Nachbar absäuft und nicht ich). Natürlich weiß auch
jeder Politiker, dass Flüsse talwärts fließen. Bei der Vorsorge
allerdings spielt dieses Wissen eine untergeordnete Rolle. Noch immer
setzt man fast ausschließlich auf Dämme und Sperrmauern, statt die
natürlichen Rückhaltemöglichkeiten der einstigen Flussauen
wiederherzustellen. Doch von solchen Maßnahmen profitiert eben
weniger das Land, in dem die Überflutungsgebiete liegen, sondern jene
Länder, die flussabwärts liegen. Zwar verlangt eine EU-Regelung, dass
Hochwasserschutz nach Wassereinzugsgebieten zu regeln sei, doch da
ist in Deutschland der Föderalismus vor. Zumal in den vergangenen
Jahrzehnten immer mehr solcher Überflutungsflächen mit
Eigenheimsiedlungen oder Gewerbegebieten zugebaut wurden. Will man
hier dem Wasser wieder Raum schaffen, dann muss man vielerorts
enteignen (und entschädigen). Welchen Widerstand man da erwarten
darf, kann man bei Protesten von Bauern gegen Nutzungsverbote in
Nationalparks sehen. Wenn eine Wende bei der Landnutzung an Flüssen
misslingt, muss man wohl bald auch alte Städte aus Flussniederungen
verlegen.

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