Neues Deutschland: zum Berichtüber Antisemitismus

Es ist kein neues Phänomen, das der von der
Bundesregierung eingesetzte Expertenkreis Antisemitismus untersucht
hat. Judenfeindlichkeit gibt es in unterschiedlichen Formen seit
Jahrhunderten in Deutschland – und hat sich bis heute in Teilen der
Bevölkerung gehalten. Der nun vorgelegte Bericht ist ein
Armutszeugnis für die Bundesrepublik. Denn die Situation hierzulande
hat sich in den letzten Jahrzehnten nicht verbessert. Etwa jeder
fünfte Bundesbürger hegt antisemitische Ressentiments, die an die
Zeit erinnern, als die Nazis den industriellen Völkermord an den
europäischen Juden verübten. Verantwortung für diese Kontinuität
tragen auch führende Politiker, die sich gerne selber bescheinigen,
für eine umfassende Auseinandersetzung mit der deutschen
Vergangenheit gesorgt zu haben. Doch es reicht nicht, an Mahnmalen
einen Kranz niederzulegen, vor Überlebenden zu sprechen oder
Gedenkstunden im Bundestag abzuhalten. Ebenso ist es notwendig,
denjenigen im öffentlichen Diskurs die Stirn zu bieten, die
versuchen, die Verbrechen der Nationalsozialisten zu verharmlosen. So
etwa dem früheren Außenminister Joseph Fischer, der die Erinnerung an
Auschwitz zur Begründung einer deutschen Beteiligung am Kosovo-Krieg
in Anspruch nahm. Oder der CDU-Politikerin Erika Steinbach, die
behauptete, dass es entlassenen KZ-Häftlingen in der Nachkriegszeit
materiell besser gegangen sei als den deutschen Vertriebenen. Für
Antisemiten und Holocaustleugner bieten solche Aussagen jedenfalls
genügend Anknüpfungspunkte.

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